Kontrollverlust

Der Regierung ist die Führung in dieser Krise endgültig entglitten.

Dass Dumme ist ja: Wir sind pandemiemüde, das Virus ist es leider nicht. Deswegen ziehen nicht mehr alle so gemeinsam an einem Strang, wie noch vor einem Jahr, und der Regierung entgleitet die Kontrolle. Sebastian Kurz, der sich in seiner ganzen Karriere angewöhnt hat, sich an Meinungsumfragen zu orientieren, macht das besonders zu schaffen, da er keinerlei Erfahrung damit hat, Meinungsbilder positiv zu schaffen, sondern nur auf Vorhandenen zu surfen. Oder anders gesagt: geistig-moralische Führung ist nicht so seine Sache.

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Wir öffnen jetzt sukzessive, während die Infektionszahlen ansteigen, und vor allem erleben wir eine Orgie von neuen Öffnungsforderungen. Klar, man hat jetzt Handel und die Schulen wieder geöffnet, und jetzt wollen Wirte, Hoteliers, Theater, Kinos alle auch öffnen. Total verständlich. Genauso verständlich ist, dass die Kundschaft – also wir alle – finden, dass wir jetzt genug gelitten haben. Das Problem ist nur: das wird ziemlich fix ziemlich grob ins Auge gehen.

Der Kanzler selbst hat unlängst im deutschen „Bild“-Fernsehen einen unglaublichen Satz gesagt: Dass die Zustimmung zu Anti-Pandemie-Maßnahmen schon wieder wachsen werde, wenn Infektionen, Hospitalisierungsraten und Sterbefälle steigen. Damit hat er ja einerseits recht, andererseits ist es auch ein unfassbar zynischer Satz, denn ein Regierender sollte ja versuchen, es gar nicht so weit kommen zu lassen.

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„Man müsse mit dem Virus leben lernen. Man müsse Infektionen in Kauf nehmen.“ All das ist dieser Tage überall zu hören und zu lesen. Das mag ja nicht ganz falsch sein, aber es wird nie dazu gesagt, was das bedeutet. Wenn wir statt 2000 Infektionen täglich 4000 neue Ansteckungen „in Kauf nehmen“ heißt das, dass wir Minimum 40 Tote pro Tag in Kauf nehmen. Das sind 1200 Tote pro Monat, die man einfach so achselzuckend zu akzeptieren begonnen hat.

1200 Menschen, das ist ein großes, knackevolles Theater. „Mit dem Virus leben“, heißt für viele Menschen leider: Nicht mehr leben.

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