Heldenzeit

Dieses Jahr hat uns viel abverlangt. Aber es war nicht alles schlecht.

Fürwahr, das war kein einfaches Jahr. Die Seuche hat die Welt im Griff, bisher sind knapp zwei Millionen Menschen an Covid-19 gestorben, und das sind nur die fix dokumentierten Fälle. Ohne massive Eingriffe ins öffentliche Leben wären weltweit zig-Millionen gestorben.

Wir alle haben sehr viele Opfer bringen müssen: unzählige Menschen haben Angst um Zukunft und Arbeitsplatz, und können abends nicht richtig einschlafen, andere arbeiten rund um die Uhr und wissen nicht, wo ihnen der Kopf steht. Wiederum andere sind von chronischer Einsamkeit geplagt, haben Depressionen – und uns allen geht das Sozialleben ab, all die Dinge, die Spaß machen und jetzt verboten sind.

Aber wir können auch stolz darauf sein, wie wir bisher durch dieses Desaster gekommen sind.

Klar hat unsere Regierung ein paar fatale Fehler gemacht und wir können das Gelaber schon nicht mehr hören. Die dauernde Wichtigtuerei des Bundeskanzlers ist unerträglich. Nur ein Beispiel: Es stellte sich heraus, dass Österreich nur 900.000 Impfdosen (für 450.000 Menschen) für die nächsten Monate gesichert hat. Darauf rief Sebastian Kurz bei der Pharmafirma an, und jetzt lässt er sich dafür feiern, dass sie ihm die Lieferung von 900.000 Impfdosen zugesagt haben. Potzblitz, was für ein Gigant! Man fragt sich echt, für wie blöd er seine Wähler eigentlich hält.

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Aber bei aller berechtigten Kritik an der Regierung: Es wurden kleine Fehler gemacht, es gab auch zwei, drei fatale Fehler. Aber alles in allem war es keine Mega-Katastrophe.

Und bei allem, was uns dieses Jahr der Ansteckung abverlangt hat, dass wir uns von anderen fernhalten, einigeln mussten – so haben die Leute doch großartig zusammengehalten. Natürlich sind viele schon gereizt, aber noch viel mehr Menschen gehen achtsam miteinander um. Leute gehen für die Nachbarin einkaufen, man hilft sich aus, wo das geht. Wir stecken in all dem gemeinsam und die meisten verhalten sich dementsprechend.

Studierende, Schüler und Schülerinnen, isolieren sich, auch in Solidarität mit ihren Familienangehörigen, in Solidarität mit ihren Lehrenden.

Man merkt das alles an so Kleinigkeiten: Auch wenn man flüchtige Bekannte fragt, „wie geht’s denn?“, dann erwartet man sich heute ehrliche Antworten statt gelogenem Small-Talk. Wir hören uns die Sorgen der Anderen an. Jeder macht sich heute Sorgen um die Anderen.

Gar nicht zu reden von den Ärzten und Ärztinnen, dem medizinischen Personal, allen Leuten im Gesundheitswesen, die in diesem Jahr das „Ärztearbeitszeitgesetz“ einfach ignoriert haben und sich heldenhaft um die Menschen kümmern. Dieses Jahr ist geprägt von Medizinerinnen und Ärzten und Pflegepersonen, für die jeder Mensch gleich viel Wert ist und die um jedes Leben kämpfen.

Wir können alle zusammen sehr stolz auf diese Menschen sein. Danke dafür, ihr seid so großartig!

Und haben wir uns nicht immer beklagt, dass nur das Geld zählt und der Mensch nichts mehr wert ist, unsere Gesellschaft ein Wettlauf im Hamsterrad ist, wo jeder nur mehr auf den eigenen Vorteil schaut? In diesem Jahr haben wir als Gesellschaft auf Einkommen, Wohlstand und Profite verzichtet, um Menschenleben zu retten. Wir haben nicht einmal lange darüber diskutiert – es war klar, dass wir das tun.

Es gibt sogar so etwas wie eine „planetarische Moral“: Wissenschaftler und Firmen aus aller Welt haben kooperiert, Nationen haben sich zusammengetan, wodurch das medizinische Wunder gelang, schnell einen Impfstoff herzustellen. Und der wird jetzt überall ausgeliefert, keine Nation hat ein Monopol.

Wir haben, als Gemeinwesen, aber auch als Weltgesellschaft – und eben auch als Einzelne – diesen Test ganz gut bestanden. Und das ist gut so.

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