My Bonus is over the ocean

Für das Wahlblog der Böll-Stifung:

Der amerikanische Ökonom Barry Eichengreen schrieb vor ein paar Wochen in der Financial Times Deutschland einen recht depressiven Kommentar. Zum zweiten Geburtstag der Finanzkrise, formulierte er spitz, versuche man nun, „Lehren aus dem Desaster zu ziehen“, und langsam werden die wahren Lektionen klar: „Diese haben mehr mit Politik als mit Volkswirtschaft zu tun.“ Welche ökonomischen Spielregeln verändert werden müssten, sei eigentlich sonnenklar, aber es ist offenbar aus politischen Gründen nicht möglich, das Nötige zu tun. Weil es schon innerhalb von Nationalstaaten kaum möglich ist, labile Koalitionen auf mehr als kleinste gemeinsame Nenner zu verständigen, weil bisweilen noch Föderalismus dazwischenfunkt, weil die Finanzlobby mit Arglist ihren Einfluss geltend macht und weil, es sich, selbst im optimalsten Fall am Ende dann an ein oder zwei Staaten unter den G-20 spießt. Eichengreens Resumee: Mit neuen Regeln wird das nichts, weil die Politik dazu einfach nicht in der Lage ist. …

 

Wenn beim G-20-Finanzministertreffen am Wochenende neue „Regeln“ für die Bankmanagervergütung und die notorischen Bonussysteme debattiert werden, dann wird sich zeigen, wie recht Eichengreen hat. Deutschland und Frankreich haben ein paar Regeln vorgeschlagen. Schon auf EU-Ebene wurden sie verwässert. Am Ende wird nicht viel rauskommen außer ein paar symbolische Grenzen in Spezialfällen, weil ohne verbindliche globale Regeln kein Finanzplatz seine „Spitzenbanker“ verschrecken will. Die könnten dann ja auswandern, ojeh!

 

Dabei bestreitet niemand, dass die Verlockung exorbitanter Bonuszahlungen für kurzfristige spekulative Gewinne kontraproduktiv wirkt. Die kurzfristigen Partikularinteressen von Managern werden zur Bedrohung der langfristigen Überlebensfähigkeit ihrer Firmen. Man kann ihnen das nicht einmal vorwerfen: Leute, deren fixes Einkommen relativ gering (bitte zu „relativ gering“ dicke Gänsefüsschen dazudenken!) im Verhältnis zu ihren Prämieneinkommen ist, werden sich anders verhalten als Leute, die im Wesentlichen ein Fixum erhalten. Aber die fatale Steuerungsfunktion von Boni erschöpft sich nicht darin. Man kann realistischerweise nirgendwo so reich werden wie in der Finanzindustrie. Und hier kann man es praktisch ohne persönliches Risiko. Diese extremen Gewinnmöglichkeiten ziehen logischerweise einen bestimmten Menschentypen an. Wer die Anreizsysteme so konturiert, muss sich nicht wundern, wenn sich bei ihm gerissene Gamblernaturen in Rudeln sammeln.

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