Und wieder starren alle auf die FPÖ…!

FS Misik Folge 6 über das Gegengift gegen den Waldhäusl-Extremismus

Dieses Land ist vom Unglück verfolgt, weshalb der Pechvogel ja auch unser Wappentier ist, und daher starren jetzt wieder einmal alle auf die FPÖ wie das Kaninchen auf die Schlange. Gegengift gegen den rechten Extremismus gibt es nur eines: Eine glaubwürdige, authentische linke Politik der Hoffnung.

Ficken als Bildungsprogramm

Der Boom des autofiktionalen Schreibens von Annie Ernaux bis Edouard Louis. „Ich will mit vielen Leuten schlafen“, notierte sich Susan Sontag, so wie wenn man sich vornimmt, der eigenen Persönlichkeitsverfeinerung wegen viele Bücher lesen zu wollen.

Die Künste sind, heute vielleicht mehr denn je, auf der Suche nach der „Relevanz“. Überall wird über die „Relevanz“ gegrübelt. Relevanz für das Leben, Relevanz in Hinblick auf gesellschaftliche Themen, und dabei schwingt „politische Relevanz“ zumindest mit. Auch die Entwicklung neuer Formensprachen und Sprachformen ist „politisch“, insofern sie Empfindungsweisen revolutioniert, neue Seh-, Sprech- und Wahrnehmungsformen einführt, vielleicht sogar zu Neudefinitionen beiträgt, was Kunst ist (und was nicht), und damit die Zeit aufnimmt und auf sie zugleich einwirkt. Künstlerische Produktionen können bekanntlich politisch sein im Sinne einer prononcierten Aussage oder der Behandlung von Thematiken, die im Kern politisch sind, aber auch jede persönliche, private Geschichte kann eine gesellschaftliche Relevanz haben, sofern sie exemplarisch für Problematiken des Ich ist, die nicht aus dem Inneren, sondern aus der Gesellschaft wachsen. Der gegenwärtige Boom der „autofiktionalen Literatur“ ist in diese Sehnsucht nach Relevanz eingebettet. Übersehen werden darf auch nicht, dass die Artikulation des „Problems der Relevanz“ mindestens unterschwellig getragen ist von dem Verdacht, dass es um die Relevanz möglicherweise nicht so gut bestellt ist. Ohne dieses Verdachtes wäre die Relevanz kein Thema.

Autofiktion – eine literarische Mode?

Der Boom des Autofiktionalen ist heute beglaubigt durch den Nobelpreis für Annie Ernaux, deren Schreiben die Entwicklung ihrer Person über „die Jahre“ (so einer ihrer gefeierten Titel) verwebt mit den Geschehnissen der Zeit und dem Wandel an Konventionen und aufkommenden Leitideen, Kultur- und Mentalitätsgeschichte, durch die die autofiktionale Erzählerin über weite Strecke nur am Rande gleitet. Didier Eribon, der mit „Rückkehr nach Reims“ einen Sensationserfolg landete, gehört auch in dieses Bild, obwohl oder besser: weil dieses Buch Teils politisches Sachbuch ist, Teils Soziologie, Teils die Geschichte des (schwulen) Jungen erzählt, der in der industriellen Arbeiterklasse aufwächst, sich aus den Konformismen seines Milieus herausarbeitet, sich aber damit auch seiner Herkunft entfremdet, sich ihrer schämt – und sich, und das ist Wesentlich, auch dieser Scham schämt. Zur Eigenart des Genres gehört unmittelbar die Frage, was daran überhaupt Fiktion ist, da sie von der Authentizität lebt, also von der Empfindung des Lesers und der Leserin, dass daran eben gar nichts Fiktion ist, womit auch ein Angebot zur Identifikation einher geht. Zugleich wissen wir immerzu, dass das Reale mit dem Fiktiven auf irgendeine Weise immer verwoben ist, und sei es bloß das Fiktive der Geradlinigkeit einer Biografie. Ficken als Bildungsprogramm weiterlesen

Die Königin des Undergrounds

Kiki de Montparnasse, Man Ray und die Urgründe moderner Seh- und Wahrnehmungsformen.

Wie kommt eigentlich das Neue in die Welt – und wie ein eminenter Geist der Erneuerung, von Verwandlungszeiträumen? Diese Frage gehe ich ja unter anderem in meinem Buch „Das große Beginnergefühl – Moderne, Zeitgeist, Revolution“ nach. In den Künsten entstehen Stilrevolutionen, indem neue Schreibweisen und Sprachformen erprobt werden, neue Sehweisen, neue Empfindungen, neue Wahrnehmungsweisen sich durchsetzen, etwa in der Poesie, im Roman, in sonstigen erzählerischen Formen, beginnend mit dem realistischen Roman, oder etwa mit der Formensprache einer Dichtung, in der der Text gleichsam zum Text spricht, musikalisch, rhythmisch, mit Klangzauber. In den bildenden Künsten geht es von der naturalistischen Darstellung über zur bildnerischen Gestaltung dessen, was der Künstler und die Künstlerin sieht, nicht die Wirklichkeit wird dargestellt, sondern bereits die Wahrnehmungsweise des Künstlers.

Impressionistisches „Flimmern“, das auch schon die neuen Empfindungen einer beschleunigten Welt, den Schock der Plötzlichkeit, den Blitz des schnellen Eindrucks wiedergibt. Weiter geht es auf dem Weg in die Abstraktion, über den Kubismus in die völlige Gegenstandslosigkeit. Alle diese Entwicklungen gehen einher mit stetigen Neuinterpretationen dessen, was Kunst eigentlich sei, bis zu den Readymades von Marcel Duchamp und zu Dada, die proklamieren, dass alles „Kunst“ sein kann. Die Kunst wird geistiger, lebt von der Idee, ein Kunstwerk wird nicht geschaffen, man denkt sich quasi eines aus. Das Pathos der geraden Linien und geometrischen Formen wandert von der bildenden Kunst im engeren Sinne in die Architektur, mit Bauhaus, International Style, klassischer Moderne und durchdringen somit auch den Alltag. Feedbackschleifen verbinden die Kunstrevolutionen mit Erneuerungen der Geisteswelt, etwa der Psychoanalyse oder dem Stil der Introspektion des Subjektes, das nicht nur nach Draußen schaut, sondern mit viel Aufmerksamkeit nach Innen hört. Die Königin des Undergrounds weiterlesen

Der „angewandte Surrealismus“ des Milo Rau

Kampf der Saturiertheit: Der wohl verwegendste Theatermacher der Gegenwart übernimmt die Wiener Festwochen.

Die Bestellung Milo Raus zum künstlerischen Leiter der Wiener Festwochen ist die beherzteste und spannendste kulturpolitische Entscheidung seit langem, womöglich seit den mitreißenden Zeiten einer Ursula Pasterk. Ich will auch gleich sagen, warum.

Milo Rau ist eine Kraftnatur, der die Dinge, die er sich vornimmt, auf den Boden bringt – oft genug Projekte, die man eigentlich nicht für möglich hält. Dieses Energetische ist auch ein Element, das man nicht ignorieren sollte, denn was bringt der innovativste Kopf, wenn er von den Mechanismen der Beharrung zerrieben wird;

zweitens ist Milo Rau ein radikaler politischer Künstler, der auch eine diebische Freude daran hat, wenn seine Produktionen aufregen, was nicht heißt, dass er den Skandal sucht – explizit sagt er sogar, dass die Strategie der Skandalisierung eine Sackgasse ist, weil der Kunstskandal selbst leicht zur Berechnung und damit zum Üblichen, Erwartbaren werden kann –, sondern dass er diese Extrameter geht, die notwendig sind, damit eine künstlerische Produktion irritiert, die Gewohnheiten verrückt, Debatten auslöst, auch weh tut und über die Kulturszene hinaus strahlt;

drittens ist er gerade erst 46 Jahre alt geworden, und damit nicht mehr total jung, aber auch noch nicht alt und in Bahnen der Routine, er eilt seit gut 14 Jahren von Triumph zu Triumph und findet immer neue Formensprachen und Darstellungsweisen. Er ist, im besten Sinne, noch nicht „bewährt“;

viertens braucht die Kunst generell und braucht die Wiener Kulturszene in besonderem einen neuen Schwung, dass die Dinge durcheinander geraten, dass etwas geschieht, das neue Spuren in die Zukunft hinterlässt. Was gestern innovativ war, ist heute ja überholt und eine Gewohnheitssache, und wenn man sich erinnert, wie vor 40 Jahren die gegenkulturelle Öffnung der Festwochen, wie vor 35 Jahren auch das Burgtheater von Claus Peymann, das künstlerische Milieu rund um Jelinek usw., wie all das und noch viel mehr eine Brutstätte des Neuen etabliert hat, dann muss man zugleich auch kritisch konstatieren: da ist es in den vergangenen Jahren etwas lahm geworden. Niemand soll das übrigens als Vorwurf verstehen: Die Verhältnisse haben sich verändert, die alten Schlachten sind geschlagen, von dissidenten Haltungen und Bühnenprovokationen lässt sich niemand mehr so leicht aus der Ruhe bringen (weshalb das saturierte Publikum, das früher buhte, heute applaudiert, und die „Kunstfalle“ – wie Heiner Müller das nannte – daher zuschnappt).

Kurzum: Die Stadt braucht mal wieder jemanden, der tiefer bohrt, der auch die Stadt prägt, ihr einen Stempel aufdrückt, einen Patron der allernächsten Generation, deren Biss und Beginnertaumel, und Milo Rau ist das zuzutrauen, auch weil er als Kommunikator und Genie des Fädenspinnens die Fähigkeit besitzt, gute Leute um sich zu scharen, die begeistert ein bisschen mehr wollen, als das, was alle wollen. Der „angewandte Surrealismus“ des Milo Rau weiterlesen

Die Glamouröse

Susan Sontag, bis heute strahlendes Role-Model einer Intellektuellen, würde dieser Tage 90 Jahre alt. Anna-Lisa Dieter widmet ihr packende hundert Seiten.

Falter, Jänner 2023

Susan Sontag, das ist so eine, an der kann man sich sowieso nicht sattlesen. Neunzig Jahre würde die amerikanische Autorin und Intellektuelle dieser Tage. Aus diesem Anlass brachte die Münchener Literaturwissenschaftlerin Anna-Lisa Dieter in der 100-Seiten-Reihe des Reclam-Verlags einen schmalen biografischen Essay heraus. Dabei gelingt es ihr, wie die „Süddeutsche“ bewundernd anmerkte, auf „knappsten Raum eine echte Essenz von Sontags Werk zu präsentieren“. Tatsächlich, es ist eine fesselnde Lektüre, die sowohl Einsteiger ins Sontag-Fantum begeistern kann und auch Sachkundige und alte Fahrensleute dieses Metiers mit Freude erfüllt.

Susan Sontag ist ja eine Role-Model für die unabhängige, literarisch operierende Intellektuelle, die sich für die gesamte Welt interessiert. Und besonders war und ist sie bis heute ein solches Vorbild für Frauen und queere Personen. Aber sie ist zugleich auch ein Fall für sich. Werk und Person, das lässt sich in Sontags Fall noch viel weniger trennen, als es sich sonst nicht trennen lässt.

„Ich will mit vielen Leuten schlafen. Ich gedenke nicht, mich von meinem Verstand dominieren zu lassen“, notierte sie einmal. Sexuelle Beziehungen und Begegnungen – „mit vielen Leuten“ –, da ging es wahrscheinlich nicht primär um Sex und Geilheit, sondern darum, möglichst viele Menschen intensiv kennen zu lernen. Ohnehin ist kaum ein Begriff so zentral bei Sontag wie der der „Intensität“. Sie setzte sich aus, gierte nach Intensität, erfand sich stets neu, und dabei hatte sie auch eine skurrile pedantische Note. „In der Zeit, die in diesem Notizbuch wiedergegeben wird, werde ich wiedergeboren“, notierte sie in das Tagebuch, das sie seit ihrem 14. Lebensjahr führte. Die Kunst, sie diente ihr auch zum „Entwurf der Person, die sie sein will“ (Dieter). Sontag führte Listen, der Bücher, die sie lesen müsse, von Kinofilmen, von allem. Das hatte etwas rührend Streberhaftes. Die Glamouröse weiterlesen

Integriert Euch doch mal selber!

FS Misik Folge 5 über permanent entgleisende Diskurse, Brunzphantastiker und Gröhlpolitiker.

Passiert was, ist sofort jeder Migrant schuld, wird selbst der Bestintegrierte wieder zum Fremden gemacht, ist nicht der Täter schuld, sondern ist jeder ein potentieller Täter… Die Pubertierenden mit den schwarzen Haaren und dem Oberlippenflaum, die vom Kindergarten an hören, du gehörst nicht hier her, wirst nie hier her gehören, fremd bleibst, da kannst dich anstrengen bist schwarz wirst… So weiß kannst gar nicht werden, dass du nicht doch der Fremde bleibst, der bedrohliche Delinquent.

…den Brunz- und Spießgesellen wollen wir zurufen: Integriert Euch doch mal selber! Der Rand der Gesellschaft, das seid ihr. Integriert Euch doch mal selber!

Fall Teichtmeister: Störung und Verstörung

In meinem Steady-Essay von dieser Woche beschäftige ich mich mit dem Fall Teichtmeister und etwas sorgenvoll mit den massenpsychologischen Reaktionen darauf.

In den neunziger Jahren entdeckte ich die Schriften von Norbert Elias über Zivilisationsentwicklung, die allmähliche Hemmung spontaner Wunschbefriedigung, über Pazifizierung von Gesellschaften und das staatliche Gewaltmonopol und kippte in diese Lektüre hinein. Die Firnis, also die Kruste der Zivilisation ist dünn, ist eine seiner Schlüsselformulierungen. Gesetze, Habitusveränderungen, Abnahme von Gewaltneigung, all das gibt es in modernen Gesellschaften, aber es ist nur eine dünne Schicht, die uns mäßigt, darunter brodeln die primordialen Affekte. „Die Zivilisation, von der ich spreche, ist niemals beendet und immer gefährdet“, so Elias beispielsweise in seinen „Studien über die Deutschen“. So ganz im Allgemeinen sind Elias‘ gigantische historische und kultursoziologische Arbeiten heute etwas zu sehr in Vergessenheit geraten, man kann viel gewinnen, wenn man das liest und wieder liest, ich werde mir das mal wieder vornehmen.

Ich muss zugeben, dass mir die Gedanken von Elias in den vergangenen Tagen wieder häufiger in den Kopf kamen.

Österreich wird gerade von einem abstoßenden Kriminalfall und damit verbunden, von einem Kulturskandal erschüttert. Die Fakten sind wohl den meisten Leser:innen bekannt, für den kleinen Teil, die sie nicht kennen, fasse ich sie hier kurz zusammen: Vor rund eineinhalb Jahren wurde die Polizei in die Wohnung des populären Theater- und Filmschauspielers Florian Teichtmeister gerufen, seine Lebensgefährtin wurde Berichten zufolge fortgesetzt Opfer häuslicher Gewalt, und Teichtmeister war offenbar mal wieder durchgedreht. Im Zuge der Amtshandlung übergab Teichtmeister den Polizisten auch eine relativ große Menge Kokain und Datenträger mit kinderpornografischen Medien, also Fotos und wohl auch Videos (so ganz ist letzteres in der Berichterstattung nicht klar, aber es ist ja auch letztlich unerheblich, Fotos ist ja arg genug). Teichtmeister war offensichtlich seit Jahren auch schwer kokainsüchtig. Soweit aus der Berichterstattung über den Ermittlungsakt zu vernehmen ist, war Teichtmeister sofort kooperativ, übergab in einer späteren Hausdurchsuchng alle seine digitalen Datenträger (58.000 Dateien wurden gefunden, die Kindesmissbrauch in der einen oder anderen Form zeigen sollen), er war auch von Beginn an voll geständig und unterzog sich unmittelbar nach seinem Auffliegen einer Therapie, einem Drogenentzug etc. Während er gegenüber den Ermittlern gestand, log er seine Arbeitgeber und Vertragspartner aber an, also sowohl das Burgtheater, dessen fixem Ensemble er angehört, als auch Filmproduktionen, für die er temporär arbeitete. Diese Produktionen machten den Fehler, ihn weiter zu beschäftigen, oder, sofern die Dreharbeiten abgeschlossen waren, ihn weiter im Rampenlicht zu präsentieren, oder, wie sein Arbeitgeber Burgtheater, sich mit den Auskünften Teichtmeisters zufrieden zu geben, dass da nichts dran sei und er mit der Einstellung des Verfahrens rechne, schließlich habe er ja seine Daten ausgehändigt, freiwillig, welcher Konsument illegaler Kindesmissbrauchsdarstellungen täte das denn, wird er ihnen wohl eingeredet haben, in Schauspielerei ist er ja nicht schlecht. Die Direktion des Burgtheaters hat zwar formal keine Möglichkeit, in den Akt Einsicht zu nehmen, aber sie hätte durchaus die Möglichkeit gehabt, zu sagen: Du gibst uns regelmäßige Einsicht in den Akt, oder Du wirst sofort dienstfrei gestellt. Hat sie aber nicht getan. Ob da Dummheit, Unfähigkeit, Blauäugigkeit, Vertrauensseligkeit oder Männergruppen-Solidarität ausschlaggebend waren, ist von außen schwer zu beurteilen, jedenfalls steht das Burgtheater jetzt wirklich doof da, und dass der Vertrag von Direktor Martin Kusej am Auslaufen ist, werden jetzt manche mit einem „Gott sei dank“ quittieren. So muss man über spektakuläre Konsequenzen nicht nachdenken, da diese Intendanz sowieso endet. Manche sagen: da hat ein Klüngel alles gewusst und geschwiegen. Manche sagen wiederum: ein Ermittlungsverfahren ist ein Ermittlungsverfahren und das braucht seine Zeit und währenddessen kann man aus medienrechtlichen Gründen nicht einfach schon berichten, da es nur für Verfahrensbeteiligte Akteneinsicht gibt (das ist in diesem Fall ja sowieso nur der Täter), kann man auch gar nicht die nötigen Fakten zusammentragen, und solange es nur ein Verfahren plus Gerüchte gibt, kann man aus arbeitsrechtlichen Gründen noch nicht einmal so einfach eine Entlassung aussprechen. Das ist so in etwa, radikal verknappt, der Faktenstand.

Weiterlesen auf meinem Steady-Kanal: 

Bauen wir das moderne Österreich

Der Negativismus in der Politik verhindert Aufbruchsgeist und Zukunftsideen.

Manchmal kann es ja ganz nützlich sein, einen Schritt zurück zu treten und die Geschehnisse in der österreichischen Innenpolitik aus etwas Abstand zu beobachten, oder sich in einen Art von Vogelperspektive zu begeben und von da aus draufzusehen. Aus der Nähe sehen wir nur Gerangel, Politiker und Politikerinnen, die aufeinander einschlagen, da die Regierung, dort die Opposition, alle auf der Jagd nach der nächsten Schlagzeile, stolpernde Nichtskönner, versessen darauf, irgendeinen populistischen Punkt zu landen, den Gegner schlecht zu machen. Und irgendwelche Ideen, die einen packen können, nimmt man beim besten Willen nicht wahr.

So macht sich Verdruss breit, und eine ganze Gesellschaft versinkt in schlechter Laune. Eine Art depressiver Stockung nimmt vom Land Besitz. Das ist bei uns so, das ist auch anderswo so, was dann auch wieder zurückstrahlt, denn politische Stimmungen wirken längst über Landes-, ja sogar kontinentale Grenzen. Das war schon vor sechzig Jahren so, als die jungenhaften Kennedys in den USA antraten, was dazu beitrug, die Idee von Modernisierung und Reform auch in anderen Ländern zu unterstützen. Heute ist diese Internationalisierung natürlich noch viel eklatanter. Bauen wir das moderne Österreich weiterlesen

Das Ende des Kapitalismus?

Wir sind Zeugen eines Kolbenreibers der gesellschaftlichen Maschinerie. Alle spüren es: Die Gier führt in eine Sackgasse, die Liebe zum Geld einer Oberklasse, die auf Kosten von uns allen lebt. Die Gefräßigkeit eines Systems, das den Planeten zerstört

Der globale Kapitalismus ächzt und keucht. Die Totalliberalisierung von Märkten hat sich als Sackgasse erwiesen. Die Ungleichheits-Schere geht immer mehr auf. Das Wohlstandsversprechen hält nicht mehr. Erschöpfung, Depression und Gegeneinander macht sich breit. Hinzu kommt die Klimakatastrophe, die sich nur durch „grünes Schrumpfen“ abwenden lässt. Kann der Kapitalismus repariert werden? Oder muss er überwunden werden?

About Scholz

Ein Jahr regiert die Ampel mit Olaf Scholz als Kanzler. Mehr Staat, mehr Fürsorge, und mehr Respekt für die normalen Leute hat Scholz als SPD-Wahlkämpfer versprochen. Dann kam der Krieg. Was blieb von seiner Agenda?

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Ein Jahr ist die deutsche Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP jetzt im Amt, und erinnern wir uns kurz: Es war ja äußert überraschend, dass diese Regierung überhaupt gewählt wurde. Wider alle Erwartungen erreichte die SPD den ersten Platz, wider alle Erwartungen wurde Olaf Scholz zum vierten SPD-Kanzler in der Geschichte der Bundesrepublik – nach Willy Brandt, Helmut Schmidt, Gerhard Schröder.

(oh my God, ich bin so alt, fällt mir auf während ich das schreibe, dass ich alle vier SPD-Kanzler der gesamten Nachkriegszeit persönlich getroffen, gesprochen, interviewt habe).

Jetzt sind nach einem Jahr alle irgendwie unzufrieden mit der Regierung, also sowohl was Wähler betrifft als auch das allgemeine Meinungsbild in den verschiedensten Medien, aber die Betonung liegt auf irgendwie. So richtig weiß man offenbar nicht, womit man unzufrieden ist, es ist mehr so ein waberndes Empfinden, auch ein unentschlossenes Gespür, das sich seiner selbst nicht sicher ist. In der Sonntagsfrage liegen SPD bei 18 Prozent, Grüne ebenfalls, und die FDP bei 6 Prozent. Die Union liegt da deutlich auf Platz eins, die Ampel wäre von einer Mehrheit entfernt – wobei sich das alles innerhalb der Schwankungsbreite abspielt. Andererseits geht es, wenn es dann wirkliche Wahlen gibt – und nicht nur Umfragen – auch um den Kanzler, und das Meinungsbild für die Union wäre wohl deutlich schlechter, wenn die Menschen sich fragen müssten, will ich wirklich mein Kreuz für Friedrich Merz machen? Alles in allem mache Scholz seine Arbeit gut, sagten zuletzt 58 Prozent der Befragten – nicht so arg weniger als noch zur letzten Jahreswende. About Scholz weiterlesen

The Return of the Fascist Attitude

Are they far right—or fascist? Today’s extreme right is sponsoring a brutalisation comparable to historical fascism.

My Column for Social Europe in December.

Right-wing extremists, some direct or indirect descendants of fascist parties, are coming to power in Europe—most recently in Italy, where Giorgia Meloni has made it to the summit of government. The black thread of her Fratelli d‘Italia goes back through the ‘post-fascist’ Alleanza Nationale and the ‘neo-fascist’ Movimento Sociale Italiano to the real thing. In Austria, the Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), whose predecessor emerged in the 1940s as a sort of ex-Nazi rallying point, has already tasted power more than once.

But even freshly minted ultra-right parties, such as the Sweden Democrats on whom the new government of the right in that country depends, are not simply ‘populist’. To put it schematically, they have more in common with Benito Mussolini than Juan Perón and the eponymous ‘ism’ to which his authoritarian-populist rule in Argentina gave rise. The Return of the Fascist Attitude weiterlesen