Das Ende des Kapitalismus?

Wir sind Zeugen eines Kolbenreibers der gesellschaftlichen Maschinerie. Alle spüren es: Die Gier führt in eine Sackgasse, die Liebe zum Geld einer Oberklasse, die auf Kosten von uns allen lebt. Die Gefräßigkeit eines Systems, das den Planeten zerstört

Der globale Kapitalismus ächzt und keucht. Die Totalliberalisierung von Märkten hat sich als Sackgasse erwiesen. Die Ungleichheits-Schere geht immer mehr auf. Das Wohlstandsversprechen hält nicht mehr. Erschöpfung, Depression und Gegeneinander macht sich breit. Hinzu kommt die Klimakatastrophe, die sich nur durch „grünes Schrumpfen“ abwenden lässt. Kann der Kapitalismus repariert werden? Oder muss er überwunden werden?

About Scholz

Ein Jahr regiert die Ampel mit Olaf Scholz als Kanzler. Mehr Staat, mehr Fürsorge, und mehr Respekt für die normalen Leute hat Scholz als SPD-Wahlkämpfer versprochen. Dann kam der Krieg. Was blieb von seiner Agenda?

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Ein Jahr ist die deutsche Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP jetzt im Amt, und erinnern wir uns kurz: Es war ja äußert überraschend, dass diese Regierung überhaupt gewählt wurde. Wider alle Erwartungen erreichte die SPD den ersten Platz, wider alle Erwartungen wurde Olaf Scholz zum vierten SPD-Kanzler in der Geschichte der Bundesrepublik – nach Willy Brandt, Helmut Schmidt, Gerhard Schröder.

(oh my God, ich bin so alt, fällt mir auf während ich das schreibe, dass ich alle vier SPD-Kanzler der gesamten Nachkriegszeit persönlich getroffen, gesprochen, interviewt habe).

Jetzt sind nach einem Jahr alle irgendwie unzufrieden mit der Regierung, also sowohl was Wähler betrifft als auch das allgemeine Meinungsbild in den verschiedensten Medien, aber die Betonung liegt auf irgendwie. So richtig weiß man offenbar nicht, womit man unzufrieden ist, es ist mehr so ein waberndes Empfinden, auch ein unentschlossenes Gespür, das sich seiner selbst nicht sicher ist. In der Sonntagsfrage liegen SPD bei 18 Prozent, Grüne ebenfalls, und die FDP bei 6 Prozent. Die Union liegt da deutlich auf Platz eins, die Ampel wäre von einer Mehrheit entfernt – wobei sich das alles innerhalb der Schwankungsbreite abspielt. Andererseits geht es, wenn es dann wirkliche Wahlen gibt – und nicht nur Umfragen – auch um den Kanzler, und das Meinungsbild für die Union wäre wohl deutlich schlechter, wenn die Menschen sich fragen müssten, will ich wirklich mein Kreuz für Friedrich Merz machen? Alles in allem mache Scholz seine Arbeit gut, sagten zuletzt 58 Prozent der Befragten – nicht so arg weniger als noch zur letzten Jahreswende. About Scholz weiterlesen

The Return of the Fascist Attitude

Are they far right—or fascist? Today’s extreme right is sponsoring a brutalisation comparable to historical fascism.

My Column for Social Europe in December.

Right-wing extremists, some direct or indirect descendants of fascist parties, are coming to power in Europe—most recently in Italy, where Giorgia Meloni has made it to the summit of government. The black thread of her Fratelli d‘Italia goes back through the ‘post-fascist’ Alleanza Nationale and the ‘neo-fascist’ Movimento Sociale Italiano to the real thing. In Austria, the Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), whose predecessor emerged in the 1940s as a sort of ex-Nazi rallying point, has already tasted power more than once.

But even freshly minted ultra-right parties, such as the Sweden Democrats on whom the new government of the right in that country depends, are not simply ‘populist’. To put it schematically, they have more in common with Benito Mussolini than Juan Perón and the eponymous ‘ism’ to which his authoritarian-populist rule in Argentina gave rise. The Return of the Fascist Attitude weiterlesen

FS Misik, die Videoshow – ist wieder da!

Die beiden ersten Folgen sind schon online

Manche von Euch haben es vielleicht schon mitgekriegt: FS Misik, die Videoshow ist wieder da. Und zwar auf auf dem linken Online-Medium „Zackzack“. Alle zwei Wochen werden die Gedankenströme, Kommentare, Recherchen, Suadas wieder ausgestrahlt.

Ich machte diese Videoserie ja von 2007 bis 2019 wöchentlich für den Online-Standard, bis sie dort nicht mehr gewünscht waren. Schwamm drüber. Aber das Videoformat ist mir schon ein wenig abgegangen in den vergangenen Jahren. Deshalb umso größer die Freude, dass es jetzt wieder rund 25 Folgen pro Jahr geben wird.

Ihr findet sie jeden Samstag auf Zackzack. Oder natürlich auch wieder hier. Wir haben auch ein schönes kleines Studio gebastelt, mit Grünzeug und Aquarium und glücklichen Plastikfischen. Wie gefällt es Euch?

Hier schon einmal die beiden ersten Folgen:

Schocktherapie

Nur mit gemäßigten Aktionen kann man Mehrheiten gewinnen, wird den Klimaschützern vorgehalten. Aber so einfach ist das nicht.

Meine Schlagloch-Kolumne aus der taz vom Dezember

Wann die „Gegenwartskunst“ begann, ist umstritten. Gerne wird der „abstrakte Expressionismus“ als Endpunkt der klassischen Moderne markiert und der Beginn der „Gegenwartskunst“ mit dem Jahr 1954, als Jasper Johns mit „Flag“ einen Alltagsgegenstand umformte – die US-Flagge eben. Es war ein erstes Wetterleuchten dessen, was später „Pop-Art“ genannt wurde. Manche würden wiederum als erste Ikonen der „Gegenwartskunst“ die Suppendosen-Bilder von Andy Warhol nennen, die einen Konsumgegenstand reproduzierten, den jeder kannte. Jüngst haben Klimaschützer ein van-Gogh-Bild mit Suppe überschüttet, und der Liebhaber subversiver Selbstreferenzialität in mir hätte natürlich ersehnt, dass Campbell-Suppe über Warholls Campbell-Siebdrucke geschüttet worden wäre. Nun, man kann nicht alles haben. Dass die radikalen Protestaktionen der Klimaaktivisten nicht nur auf Kunst abzielen, sondern auch Stilmittel avantgardistischer Provokation zitieren (vielleicht nicht einmal bewusst), ist ja vielfach bemerkt worden, von der Anti-Kunst des Dadaismus bis über die Schüttbilder von Nitsch, die Übermalungen von Arnulf Rainer oder die Schock-Strategien der Aktionskunst. „All Art ist Propaganda“, bemerkte schon George Orwell und so ist auch jede Zerstörung von Kunst zugleich Kunst und Propaganda. Oder so irgendwie.

Natürlich kann man gegen die Attacken gegen Kunstwerke einiges einwenden, obwohl natürlich nicht Kunstwerke zerstört werden, sondern bisher vor allem Glasscheiben beschmutzt oder beschädigt wurden, hinter denen sich die Kunstwerke befinden. Ein Einwand wäre: Sie zwingen Museen, ihre Sicherheitsmaßnahmen zu verschärfen, was nicht nur Geld kostet, das ohnehin knapp ist, sondern Museen zu Hochsicherheitsinstitutionen machen kann, und das macht die Welt bestimmt nicht besser. Auch ist bei Protestaktionen zweifellos empfehlenswert, dass die konkrete Aktion des zivilen Ungehorsams in einem nachvollziehbaren Verhältnis zur Botschaft steht. Man besetzt, wenn man gegen Panzerlieferungen protestiert, ja auch eher Panzerfabriken und nicht die Wohnung von Herrn und Frau Maier. „Was kann ein Klimt-Bild für den Klimakollaps?“, die Frage drängt sich ja nicht nur irgendwelchen Spießern auf, die sowieso keine Protestaktionen gut finden würden, also auch nicht, wenn man sich im Morgenverkehr an seinen SUV anklebt. Wenigstens so eine Spur einer kausalen Assoziationskette kann sicherlich nicht schaden.

Revolution ja, aber schmutzig soll nichts werden. Schocktherapie weiterlesen

Wir Gewohnheitstiere

Die Welt, in der wir leben, scheint uns normal und daher unveränderbar. Aber das ist eine Falle.

Als Frankreich seinerzeit die Sklaverei abschaffte, da stellte sich schnell die Frage der „Entschädigung“. Wenn Sie, werte Leserinnen und Leser, jetzt aber vermuten würden, dass es um die Entschädigung der geschundenen, verbrecherisch ausgebeuteten Sklaven gegangen wäre, dann liegen sie gehörig falsch. Die Sklavenbesitzer verlangten und bekamen Entschädigung. Die sahen das damals als natürlich an, immerhin entging ihnen ja ein Besitz, auf den sie aus ihrer Sicht ja ein Anrecht hatten. Dass man eigentlich die Gepeinigten für das Unrecht entschädigen hätte müssen, darauf kam damals kaum jemand.

All das erscheint uns heute absurd. Aber damals erschien das irgendwie natürlich. Wir Gewohnheitstiere weiterlesen

Wer sind hier die Klimaradikalen?

Die meisten von uns stecken angesichts der Klimakatastrophe noch immer den Kopf in den Sand. Das ist der eigentliche Extremismus.

Zuletzt sorgten eine Reihe von spektakulären Aktionen von radikalen Klimaaktivisten für Aufsehen. Sie blockieren Straßen und damit sie nicht schnell weggetragen werden können, kleben sie sich an der Straße fest. In Kunstmuseen werden überall auf der Welt Aktionen gesetzt, die Aufsehen erregen. So werden weltweit bekannte Kunstwerke, die allerdings mit Glas geschützt sind, mit Öl oder Suppe übergossen. Wer sind hier die Klimaradikalen? weiterlesen

Die Schlaucherln an der Macht

Die ÖVPler nennen Thomas Schmid Lügenbaron. Naja, mit Lügenbaronen und Schmähtandlern kennen sie sich wenigstens aus.

Ein bisschen enttäuschend war es schon, das Staffelfinale der ÖVP-Soap-Opera. Dabei hatte sich mit den Thomas-Schmid-Protokollen und dem bizarren Telefongespräch zwischen Schmid und Sebastian Kurz eine unerhörte Spannung aufgebaut. Und dann versaut Schmid dem fiebernden Publikum den Höhepunkt, indem er sich im U-Ausschuss einfach jeder Frage entschlägt. Aus seiner Sicht ist das zwar verständlich, aber hat er gar nicht an uns Zaungäste gedacht?

Auf Whatsapp war er gesprächiger. Vielleicht sollte man Schmid beim nächsten Mal die Fragen als Textnachricht zukommen lassen. Gibt da auch hübsche Emojis. Handschellen oder so.

„Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“, bekundete eine der ÖVP-Partei-Sprechpuppen vor dem U-Ausschuss. Es ist vielleicht doch keine so ganz perfekte Idee, wenn das von der Sebastian-Kurz-Verteidigungsliga kommt. Die Gefahr eines gewissen Bumerang-Effektes lässt sich nicht von der Hand weisen. „Lügenbaron“ haben sie Schmid auch genannt. Naja, in Sachen Lügenbaronen, Münchhausen und Schmähtandlern kann man ihnen Expertentum nicht absprechen.

Sebastian Kurz präsentiert sich in dem Telefonat, das er rein zufällig aufgenommen hat, als Unschuld, die überhaupt nie von irgendetwas etwas mitbekommen habe, das rund um ihn vorging. Es mag ja noch Leute geben, die für Sebastian Kurz eine Hand ins Feuer legen würden. Aber wohl eher nicht die eigene.

Alle kommen vor in diesen Chats.

Nur ich nicht.

Ich mein, es wird noch die Zeit kommen, da ist es richtig peinlich, wenn man in keinen Chats vorkommt. Ich stell mir vor, wie ein Politiker in der Wiener Innenstadt an einem Abend daheim sitzt, allein, vor sich eine Flasche Wein, er trinkt sich rein in die Melancholie und Deprimiertheit, die Selbstzweifel steigen in ihm auf und er sagt zu sich: Ich bin der einzige, der nicht angeklagt ist. Bin ich so unwichtig? Melancholisch geht sein Blick zu Boden. Er schaut seine Beine entlang. Sagt sich: Das einzige Bein eines ÖVP-Politikers ohne Fußfessel! Ein Leben ohne Sinn! Die Schlaucherln an der Macht weiterlesen

Der verglühte Jungstar

Sebastian Kurz war der Strahlemann der Konservativen. Jetzt sagt einer seiner Prätorianer als Kronzeuge gegen ihn aus. Es wird eng für den Ex-Kanzler – und für seine Partei.

Die Zeit, Online, 20. Oktober 2022

Es war nur eine dürre Mitteilung der „Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft“, aber sie schlug am Dienstag wie eine Bombe ein. Thomas Schmid, einstiger Generalsekretär im Finanzministerium, selbsternannter „Prätorianer“ von Sebastian Kurz und Zentralfigur im Wiener Skandalsumpf habe in 15 Sitzungen umfassend ausgesagt und bemühe sich um den Kronzeugenstatus. Die Treffen haben streng klandestin stattgefunden. Unmittelbar darauf wurden die 454 Seiten Vernehmungsprotokoll in den elektronischen Akt genommen. Es dauerte nur mehr einige Stunden, bis die Aussagen kursierten.

Jetzt hat er es also getan – Thomas Schmid, der einstige Mister Wichtig, der Gott und die Welt kannte, Netzwerke knüpfte und Tag und Nacht kommunizierte, vorzugsweise per Textnachricht. Es ist der schlimmste Albtraum der ÖVP, und er ist wahr geworden. Schmid packt aus. Der verglühte Jungstar weiterlesen

Der Polarisierungs-Mythos

Bei der Bundespräsidentenwahl sind zwei nachdenkliche Kandidaten angetreten. Sie haben zusammen 66 Prozent erreicht. Das ist die Botschaft der Wähler.

Die beiden Wahlen des Herbstes sind geschlagen, und jetzt grübeln Analytiker, was denn eigentlich die Botschaft der Wähler gewesen wäre und ob es da auch ein Wetterleuchten für künftige Wahlen gegeben hat. Bei den Landtagswahlen in Tirol verlor die ÖVP stark, erlitt aber kein vollkommenes Debakel. Parteien wie die FPÖ und SPÖ gewannen kaum dazu, die meisten Gewinne gab es noch für die Liste Fritz, eine soziale, anständige und moderate Protestpartei. Das Fazit: Wenn die Leute mit der großen Regierungspartei unzufrieden sind, wählen sie nicht automatisch die Opposition. Sie müssen schon auch der Meinung sein, dass die Opposition es besser machen würde.
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Blasenschwäche

Warum wird, etwa bei den ermüdenden „Wokeness“-Debatten, jeder mit minimal abweichenden Ansichten so schnell zum menschlichen Scheusal erklärt? Versuch einer Erklärung.

Mein Steady-Essay von dieser Woche.

Ich möchte heute auf etwas zurückkommen, was ich vor ein paar Wochen am Rande angetippt habe, es aber ausführen und weiterdenken. Ich habe geschrieben: „Debatten werden heute sehr oft mit viel Erregung geführt, mit Gereiztheit, mit der Entschlossenheit, den Anderen maximal misszuverstehen. Häufig spürt man die verbissene Absicht, irgendeinen Halbsatz zu finden, den man möglichst fies und krass verdrehen kann, um diesen Anderen als menschliches Scheusal darzustellen. (…) Ich empfinde gelegentlich, dass mir meine eigenen Meinungen unsympathisch werden, nur, weil diese Meinungen von unsympathischen Menschen auf unsympathische Weise vertreten werden. Und das ist natürlich auch wiederum verrückt.“

Nehmen wir nur diese dauernd aufpoppenden Diskussionen über Wokeness, die Empfindsam- und Achtsamkeit Diskriminierungen gegenüber und, umgekehrt, die regelmäßigen Klagen über eine reale oder angebliche „Cancel Culture“. Nun bin ich in vielen dieser Themen häufig, um nicht zu sagen: meist, eher auf der woken Seite. So bin ich beispielsweise der Meinung, dass wir in zunehmend multiethnischen und diversen Gesellschaften die vielen subtilen und auch weniger subtilen Diskriminierungen bekämpfen müssen. Rassismus ist allgegenwärtig, aber auch die feinen Unterschiede, die Abwertungen und die Erfahrungen, die beispielsweise Heranwachsenden machen, die ethnisch nicht der autochtonen Mehrheitsgesellschaft entstammen – nämlich, dass sie nicht dazugehören, dass sie sich mindestens doppelt oder dreifach beweisen müssen, und es selbst dann verdammt schwer haben. „Ich werde hier nie dazu gehören, ich werde immer eine Ausländerin bleiben“, solche wütenden und traurigen Sätze hört man sehr oft und sie sind Ausdruck emotionaler Verwundungen und Verletzungen, die bei den meisten schon im Kindergartenalter beginnen. Ich bin voller Empathie für diese Menschen und sauer, dass sie dem ausgesetzt sind. Ich bin auch der Meinung, dass die bisher Ungehörten nicht Repräsentanten aus der Mehrheitsgesellschaft als Fürsprecher brauchen, sondern selbst zu Wort kommen sollen. Nicht nur ihretwegen, sondern der Gesellschaft als Ganzes wegen, die authentische Stimmen aus allen sozialen Gruppen benötigt, um ein demokratisches Selbstgespräch mit sich selbst führen zu können. Dass wir im Zuge dessen einiges zu hören bekommen…

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