Termine: Tobias Dürr im Kreisky-Forum

Tobias Dürr (Progressives Zentrum Berlin): Was heißt heute Progressiv? Fortschrittliche Ideen für unsere Zeit.

Montag, 19. April 2010, 19 Uhr

Kreisky-Forum, Armbrustergasse 15, 1190 Wien

 

Tobias Dürr war viel in den vergangenen zehn Jahren: Regelmäßiger „Zeit“-Autor, unter dem kurzzeitigen SPD-Vorsitz von Mathias Platzeck war er so etwas wie der Oberstratege der Partei, er ist Chefredakteur des Magazins „Berliner Republik“ und seit drei Jahren hat er einen eigenen Think Tank: das „Progressive Zentrum“ in Berlin. Inspiriert vom angloamerikanischen Linksliberalismus will das „Progressive Zentrum“ die Linke entstauben und wieder mehrheitsfähig machen. Das lappt für manche etwas gar viel in Richtung „Blairismus“, für andere ist gerade das der Weg, den „Mitte-Links-Parteien“ ihren Zukunftsoptimismus zurückzugeben. „Fortschritt Jetzt!“ heißt entsprechend zukunftsfroh der ein Reader, den Dürr und Kollegen gerade herausgeben haben. „Ein Handbuch progressiver Ideen für unsere Zeit“, soll es sein. Was „progressiv“ heute noch heißen kann, darüber spricht Tobias Dürr kommende Woche im Rahmen der Reihe „Genial dagegen“ (die manchmal auch „genial dafür“ sein will) im Kreisky-Forum in Wien.

 

 

 

 

Die ÖVP – neutral zwischen Heinz Fischer und dem Fast-Nazismus


Ob er Barbara Rosenkranz für wählbar halte, wurde ÖVP-Ex-Innenminister Ernst Strasser (für ihn gilt die Unschuldsvermutung) vom „Falter“ gefragt. Seine Antwort: „Nein, genausowenig wie Heinz Fischer.“ Na, das ist immerhin ein Fortschritt gegenüber seinem Landesgeschäftsführer, der für ewig unvergessen bleiben wird für das Urteil, ein ÖVPler wähle eher die Rosenkranz als das er den Fischer wählen würde. Natürlich gibt es auch andere Stimmen aus der ÖVP: Othmar Karas, Heinrich Neisser, Herbert Krejci. Aber das Gros der Parteigranden übt sich in Verrenkungsübungen der Äquidistanz zwischen Heinz Fischer und der Eidestattlichen Lady. Aber woher kommt eigentlich der blinde Hass der ÖVP auf die Roten? Ist es ewige narzistische Gekränktheit über den Wahlsieg Bruno Kreiskys? Stecken die mental immer noch in den 30er Jahren? Hat da irgendjemand eine Antwort?

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Wer Mittelstand sagt, der will betrügen


Eine neue Lobby schürt den Aufstand der Neidigen
Jetzt macht der „Mittelstand“ mobil. Diese Woche soll eine „Mittelstandsvereinigung“ gegründet werden, die will sich für den „geschröpften Mittelstand“ einsetzen. Die Botschaft der neuen Lobby ist, kurz gefasst: den Staat verschlanken, den Sozialstaat eindampfen, weil der „Mittelstand“ kann sich die hohen Steuern und die hohen Sozialabgaben nicht mehr leisten. So wie sich die Lobby darstellt, ist sie eine reine Neidlobby: die Mittelschicht will den Schwächeren nicht mehr soviel zukommen lassen. Mit dabei: der unvermeidliche Veit Schalle. Na, die seltsamsten Leute sehen sich als die Verteidiger des Mittelstandes.

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Mehr Gleichheit macht glücklich

Der Soziologe Richard Wilkinson und die Medizinerin Kate Pickett belegen mit einem Gebirge an Datenmaterial, dass gerechtere Gesellschaften für alle gut sind – und dass ungerechte Gesellschaften alle krank machen. Eine fulminante Studie. Wahrscheinlich das Buch des Jahres! Berliner Zeitung u. Der Standard, März und April 2010

 

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Ein paar Eindrücke aus Bukarest

Gerade komme ich aus Bukarest zurück, wo ich auf Einladung von Eurozine und dem rumänischen Kulturmagazin Dilema Veche mit dem ehemaligen rumänischen Finanzminister und Europaparlamentarier Daniel Dăianu über die Finanzkrise disktutiert habe. Und die Wirtschaftskrise. Über die Debatte selbst gibt es wenig zu berichten, Dăianu gehört zwar der Liberalen Partei an, ist aber ein Liberaler im Sinne von Keynes – also gabs kaum nennenswerte Auffassungsunterschiede zwischen ihm und mir.

Blick auf Bukarest

rumänien 2.jpgSpannend war vor allem eines: Als der Moderator, Dilema-Veche-Chefredakteur Mircea Vasilescu die Frage aufwarf, ob die Finanzkrise eine neue Spaltung zwischen dem relativ stabilen „alten“ Westeuropa und stark krisengeschüttelten Ländern Osteuropas bewirke, bemerkte Dăianu, dass sich eigentlich eine andere Frontstellung herauskristallisiere: Länder wie Deutschland, Österreich, Schweden, Frankreich, Dänemark seien einigermaßen stabil, osteuropäische Länder wie Polen und Tschechien ebenfalls, Ungarn und Rumänien hätten ihre Probleme, könnten sich aber an diese adaptieren. Die große Krisengrenze verlaufe aber zu den südlichen Mitgliedern der Währungsunion, deren Probleme die Union zerreißen könnten.

 

rumänien 1.jpgDiese Ansicht hat schon etwas für sich. Sprechend war aber auch, dass Dăianu sich eine ganz kleine, sichtbare Prise Schadenfreude nicht unterdrücken konnte, oder anders gesagt, Stolz von der Art: Wir sind stabiler als große westliche Länder wie Spanien, Griechenland, Italien.

Eurozine-Chefredaktuer Carl Henrik Fredriksson in der Redaktion von „Dilema Veche“

Nachher beim Abendessen habe ich Dăianu noch gefragt, ob er denn meine, dass Rumänien besser durch die Krise kam, weil es nicht Mitglied der Eurozone ist. Seine klare Antwort: „Ja.“ Weil das Rumänien die Möglichkeit gab, sich entsprechend der eigenen Probleme zu adaptieren – die Währung abzuwerten und damit an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Das ist zwar für jene Rumänen schlimm, die Kredite in Euro aufgenommen haben und jetzt dementsprechen höhere Raten zu bezahlen haben, aber für die Wirtschaft als ganze ist es gut.

Ach ja, eins noch: Wer das hiesige Gekeppel über „die Rumänen“ im Ohr hat, wird von Bukarest ziemlich positiv überrascht sein.

Stolz auf Österreich


Die garantiert kritikfreie Folge von FS Misik
Kritisieren, immer nur kritisieren; immer nur dagegensein. Gibt’s denn wirklich nichts zum Dafürsein in diesem Land? Aber ja doch. „Und wenn ich in unsere Volksschulen schau, und da ganz tolle Lehrerinnen seh, die sich täglich überlegen, was sie tun können, damit kein Kind zurückbleibt – dann bin ich auch ganz froh. Und wenn ich an die Ärzte denk, die es auch gibt, die vier Tage der Woche in ihrer Praxis arbeiten, und einen Tag in der Woche Unversicherte behandeln oder zu denen Unversicherte einfach in ihre Praxis kommen können, dann bin ich auf die auch stolz. Aber ich bin natürlich auch vor allem froh, dass wir das so hingekriegt haben, dass hier praktisch niemand ohne Krankenversicherung ist, und wenn’s drauf an kommt, kann sich fast jeder drauf verlassen, dass er eine ordentliche Behandlung kriegt.“ In diese Folge wird also nur gelobt und gepriesen. Aber macht’s mir das Dagegensein nicht schlecht. Die anklagende Philippika, die „Jeremiade“ ist ja – wie der Name schon sagt – eine seit biblischen Zeiten gepflegte Textgattung. Und dagegensein ist einfach cooler als dafürsein. Aber letzteres ist vielleicht auch Teil unseres Problems.

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Die krause Logik der Sozialstaatsfeinde

Die Solidarität, Zeitschrift des ÖGB, März/April 2010. Download hier.

 

Die Wirtschaftskrise geht in eine lähmende Stagnation über, die Arbeitslosigkeit steigt, freie Stellen sind rar – und wie das Amen im Gebet folgt der populistische Angriff auf den Sozialstaat. Österreichs Finanzminister Josef Pröll keppelt im Wochentakt gegen jene, die seiner Meinung nach in der „sozialen Hängematte“ liegen. Das ist nicht ganz so schrill, meint aber in der Sache das gleiche wie die Skandalreden des deutschen Außenministers Guido Westerwelle, der gegen Hartz-IV-Empfänger hetzt, diese frönten „anstrengungslosen Wohlstand“.

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