Austria mal wieder am globalen Radar

krugman österreich.JPGÖsterreich ist mal wieder in Übersee am Radar – das kommt ja nicht so oft vor, und wenn, dann nur wenn schlechte Nachrichten verbreitet werden: Waldheim, Schüssel-Haider-Regierung oder Kellerverbrechen in Amstetten. 

Und jetzt also: Die Risikoaufschläge für Österreichs Staatsanleihen. 
„Aber geht es dabei wirklich um fiskalische Angelegenheiten oder um irgendetwas, was mit Sparpolitik auf irgendeine Weise gelöst werden kann? Seht Euch Österreich an“, schreibt Paul Krugman in seinem jüngsten Blogeintrag
„Österreich ist, was immer man als Grundlage wählt, eine sehr erfolgreiche Volkswirtschaft, mit niedriger Arbeitslosigkeit und einem laufenden Leistungsbilanzüberschuss. Österreichs Finanzpolitik steht sogar noch eine Spur besser da als die deutsche. … Trotzdem muss Österreich genauso hohe Zinsen zahlen wie Frankreich, und liegt damit 44 Basispunkte über deutschen Anleihen.
Was geht hier vor? Hat das mit den Risiken österreichischer Banken zu tun? Wird hier bereits ein möglicher Euro-Zusammenbruch eingepreist? Was auch immer, eines ist klar: Fiskalische Disziplin ist offenbar kein Schutz – denn in dieser Hinsicht sind die Österreicher sogar besser als die Deutschen.“

Aber Hauptsache, wir führen panisch eine Schuldenbremse ein. Aber Märkte, die verrückt spielen, wird man damit nicht beruhigen. Vor allem, wenn sie aus manchen Gründen verrückt spielen, aber eben bestimmt nicht wegen die Höhe der österreichischen Staatsschulden. Was es dazu sonst noch zu sagen gibt, habe ich gerade in meinem FS Misik Folge 208 gesagt. Hier noch mal zum Nachlesen die entsprechenden Stellen: 

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Stell Dir vor es gibt Terror und keiner kriegt’s mit

Eigentümlichkeiten der Zwickauer Nazi-Terror-Zelle.
Die Terrorwelle, mit der die knallig schon „Braune Armee Fraktion“ genannte Zwickauer Gang in den vergangenen 13 Jahren Deutschland überzog, löst als erstes einmal Erstaunen aus. Offen gesagt: Es ist etwas Unverständliches an diesen Taten. Eine Terrorgruppe lanciert eine Terrorkampagne – und sagt es nicht dazu. Das ist in der Geschichte des Terrors ziemlich einzigartig. Schließlich hat Terror ja beinahe immer auch den Aspekt der „Propaganda durch die Tat“, weshalb Terroristen üblicherweise ein hohes Mitteilungsbedürfnis haben. Die Zwickauer Zelle hatte das aber nicht. Sie beging Taten, die zum Großteil als rein kriminelle Taten erschienen, und schwieg über ihre Motive – zumindest, bis die Täter vergangene Woche hochgingen. 
Vor diesem Hintergrund haben Bekenntnisse, dass die Zivilgesellschaft offenbar versagt hat, dass es einmal mehr einen „Aufstand der Anständigen“ bräuchte, in diesem Fall ein wenig die Anmutung einer hohlen Phrase: Wie soll die Zivilgesellschaft gegen etwas aufstehen, wovon sie nichts weiß? 
Auch die Behauptung, hier wäre etwas „vor unser aller Augen“ entstanden, ist zumindest diskussionswürdig. Mindestens genauso wahr ist: Hier ist etwas jenseits unseres Blickfelds entstanden. Anders als bei den xenophoben Pogromen der neunziger Jahre von Rostock bis Mölln hatten diese Täter keine Corona normaler Bürger um sich, die ihre Taten offen oder klammheimlich guthießen. 
Das ist die eine Seite der Wahrheit. Die andere ist: An ein Einzeltäter-Trio (-oder Quartett), will man nicht recht glauben. Mit nahezu gewisser Sicherheit hatten sie zum Zeitpunkt ihres Untertauchens vor 13 Jahren Unterstützung aus dem harten Kern der Neonaziszene. Hatten sie sie vielleicht bis zuletzt? Was wusste der Verfassungsschutz? Woher hatten sie ihre Papiere? Den Sprengstoff? Und selbst, wenn man nicht gleich instinktiv an einen großen Staatsskandal denken will: Konnten die Täter vielleicht auch deshalb unerkannt bleiben, weil man in Sicherheitskreisen spontan dazu neigt, jeden Autobrand unter „linksextremer Terror“ zu verbuchen, wohingegen man Richtung rechts einfach nicht so genau hinschaut? Motto: Brennt ein Auto – linker Terror. Wird ein Türke erschossen –  bestimmt war’s die Mafia. Warum? Weil man die Neonazi-Subkultur schon für „normal“ hält, und ihr „so etwas“ nicht zutraut? 
Klar: Auch Polizisten können etwas „übersehen“. Kann sein. Kann aber auch sein, dass man dafür auch ein bisschen aktiv wegschauen muss. 

Die Ideologenmärchen von der „Staatsschuldenkrise“

krugman.jpgMan muss immer und immer wieder dankbar dafür sein, in welcher Klarheit Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman Tag für Tag manche Dinge klarstellt. Dass die Euro-Staaten deshalb in einer Krise seien, weil sie „über ihre Verhältnisse“ gelebt und hemmungslos Schulden gemacht haben, ist ein Ideologenmärchen. Das heißt nicht, nur um nicht mißverstanden zu werden, dass hohe Staatsschuldenstände irgendwie irrelevant oder gar erstrebenswert seien, aber wer behauptet, die Probleme der Euro-Zonen-Länder auf den Finanzmärkten hätten primär mit den hohen Staatsschuldenständen zu tun, der versteht einfach nichts von der Materie. Warum das so ist, habe ich unlängst hier dargelegt. Krugman schreibt dazu nun in seiner jüngsten Kolumne in der New York Times: 

First, if you look around the world you see that the big determining factor for interest rates isn’t the level of government debt but whether a government borrows in its own currency. Japan is much more deeply in debt than Italy, but the interest rate on long-term Japanese bonds is only about 1 percent to Italy’s 7 percent. Britain’s fiscal prospects look worse than Spain’s, but Britain can borrow at just a bit over 2 percent, while Spain is paying almost 6 percent.
What has happened, it turns out, is that by going on the euro, Spain and Italy in effect reduced themselves to the status of third-world countries that have to borrow in someone else’s currency, with all the loss of flexibility that implies. In particular, since euro-area countries can’t print money even in an emergency, they’re subject to funding disruptions in a way that nations that kept their own currencies aren’t — and the result is what you see right now. America, which borrows in dollars, doesn’t have that problem.
Die Euro-Zonenländer müssen hohe Zinsen auf ihre Staatsanleihen zahlen, weil sie sich zum Spielball der Märkte gemacht haben – aufgrund der Fehlkonstruktionen des Euros und der Europäischen Zentralbank, die die Eurozonenländer „auf den Status von Dritt-Welt-Länder reduzierten, die sich in fremden Währungen verschulden müssen“.  Und solange das nicht behoben ist, werden alle Rettungsschirme nichts helfen – und die Sparprogramme, die jetzt überall panisch aufgelegt werden, ohnehin nicht. 
Im Grunde weiß jeder, dass dieses panische Sparen nichts bringen wird außer nutzloser Wertvernichtung – ich bin mir sicher, sogar die ideologisch verbohrtesten Finanzministerinnen wissen das auch. Selbst jemand, der praktisch nichts versteht von den Dingen, wie etwa unsere österreichische Finanzministerin Maria Fekter –  soviel muss auch sie schon begriffen haben.
The other thing you need to know is that in the face of the current crisis, austerity has been a failure everywhere it has been tried: no country with significant debts has managed to slash its way back into the good graces of the financial markets. For example, Ireland is the good boy of Europe, having responded to its debt problems with savage austerity that has driven its unemployment rate to 14 percent. Yet the interest rate on Irish bonds is still above 8 percent — worse than Italy.
Ach ja, und ein besonders dummes Argument ist, dass die „generösen Wohlfahrtsstaaten“ einfach nicht mehr finanzierbar sind. Denn die generösesten Wohlfahrtsstaaten sind ja die, die am besten durch die Krise kommen und jene Länder, die die größten Probleme haben, zählen nicht gerade zu den fortgeschrittensten Sozialstaaten. 
The nations now in crisis don’t have bigger welfare states than the nations doing well — if anything, the correlation runs the other way. Sweden, with its famously high benefits, is a star performer, one of the few countries whose G.D.P. is now higher than it was before the crisis. Meanwhile, before the crisis, „social expenditure“ — spending on welfare-state programs — was lower, as a percentage of national income, in all of the nations now in trouble than in Germany, let alone Sweden.

Mit einem Wort: Glaubt den Ideologen kein Wort, die behaupten, man müsse nur dieses und jenes einsparen, dann würde wieder Frieden mit den Märkten herrschen – und umgekehrt, wenn nicht dies und jenes weggestrichen würde, dann drohe das Schlimmste. 

Das heißt natürlich nicht, dass Defizite nicht reduziert werden sollen. Aber die Defizite sind nur sehr mittelbar, aber keineswegs primär die Ursache für die Finanzmarktturbulenzen, deren Opfer die Euro-Zonenländer derzeit werden. 
Und abgesehen davon: Mit verallgemeinerten Kaputtsparen in ganz Europa lassen sich die Defizite ohnehin nicht reduzieren. Das geht nur, indem man die hohen Vermögen stärker belastet und mit den lukrierten Einnahmen die Schulden abbaut. Und von heute auf morgen geht das auch nicht, sondern nur sukzessive – denn wir wollen die Vermögenden ja nicht vollends und im Handstreich enteigenen, oder 😉 ? Abgesehen davon, dass das erst recht Finanzmarktturbulenzen nach sich ziehen würde, denn die Vermögenden sind ja dummerweise auch jene, die die Staatanleihen besitzen, und wenn die diese massenhaft verkaufen müssen, weil sie ihre Steuern zahlen müssen, dann gäb’s erst recht Probleme an den Märkten, also…

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Windschiefe Architektur

Warum die Euro-Zone plötzlich zum Hauptopfer der Finanzkrise wurde.

Beitrag für „Gegenblende“, das Online-Portal des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB. 
Erinnern Sie sich noch an den Herbst 2008? Lehman-Brothers krachte zusammen und die internationalen Finanzmärkte erlitten einen Herzinfarkt. AIG, die monströse Versicherungsfirma, wäre beinahe mit in den Orkus gegangen, da sie für Millionen Hypothekarkredite bürgte, die nun nicht mehr zurückgezahlt werden konnten. Sie wurde, wie viele andere Finanzmarktinstitutionen, von der US-Regierung gerettet. Rund um den Globus mussten die Regierungen Banken und andere Finanzmarktinstitutionen retten. In einem großen Dominoeffekt wären, hätte man „die Märkte“ auf sich allein gestellt gelassen, praktisch alle Finanzinstitutionen des internationalen Kapitalismus zusammengekracht. Und da eine kapitalistische Marktwirtschaft ohne Banken schwer vorstellbar ist, stellte sich die Lage so dar: Der Kapitalismus wäre zusammengebrochen – wenn ihn die Regierungen nicht gerettet hätten. Die freien Finanzmärkte haben ihn also an den Rand des Zusammenbruchs gebracht, den Kapitalismus. Kurzum: Die Finanzinstitutionen haben das System an die Wand gefahren – und es waren die Staaten und Regierungen, die das Schlimmste verhindern mussten. 

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Sehr deutsch: Revolution bittet um amtliche Genehmigung.

Zwei bizarre Meldungen – eine davon lustig, die andere ziemlich erschreckend – fand ich bei heutiger Zeitunglektüre:

Die eine stammt aus der taz und ist eine Metapher auf eine sehr deutsche Art des Aufstandes. Die Berliner „Occupy“-Bewegung würde gerne einen Platz besetzen. Aber natürlich nur mit Genehmigung der Behörden (!). Seit Tagen bittet sie um Zuteilung eines Platzes. Bloß, da hat die Revolution bei ihrer Bitte um amtliche Genehmigung die Rechnung ohne den Amtsschimmel gemacht: Das Bezirksamt Mitte findet, es ist für politische Demonstrationen nicht zuständig, die Polizei wiederum ist der Ansicht, sie sei gewiss nicht für Zeltlager zuständig. So muss die Revolution leider ausfallen, weil die Behörden über die Zuständigkeit uneinig sind. Mehr dazu hier.
Die zweite stammt aus der „Bild“-Zeitung. Griechenland kriegt ja jetzt bald eine „Regierung der nationalen Einheit“ und die populistische LAOS-Partei hat schon zugesagt, da mit von der Partie sein zu wollen. LAOS-Chef Georgios Karatzaferis könnte also bald Minister sein in Athen. Der hatte nach dem 11. September 2001 im Parlament gefragt: „Warum wurden die Juden gewarnt, an diesem Tag nicht zur Arbeit ins World Trade Center zu gehen?“. Dem islraelischen Botschaft hat er mal zugerufen: „Pass auf, Judenbotschafter!“ Und auch vom „Märchen von Auschwitz“ hat er einmal gesprochen. Und. Und. Und. (mehr hier)
Na, das haben wir gebraucht: Einen Judenhasser in einer „Regierung der nationalen Einheit“ Griechenlands. 

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Die Multitude bei der Arbeit

Occupy Irgendwas: Der Kapitalismus und seine Kritiker. Der Freitag, 27.10.2011
„Es ist die erste globale Revolution, die erste Weltrevolution in der Geschichte der Menschheit“, sagt Kalle Lasn. Der gebürtige Este, der weit weg von New York, im kanadischen Vancouver residiert, ist dieser Tage ein gefragter Interviewpartner. Schließlich, wenn auf jemanden das Attribut zutrifft: „Der Mann, mit dem alles anfing“, dann auf Lasn (siehe Interview). Schließlich war es Lasns Magazon „Adbuster“, das im August E-Mails an 60.000 Unterstützer versandte:. „#OCCUPYWALLSTREET. Are you ready for a Tahrir moment? Dann ströme am 17. Septemer nach Lower Manhattan.“
Seither ist der Liberty Plaza im Bankendistrikt in Südmanhattan besetzt. Erst relativ unbemerkt, ignoriert von den Mainstream-Medien, wurde die Sache zwei Wochen später langsam zu einer „Story“, nicht zuletzt, weil die New Yorker Polizei gleich 700 von 1000 Demonstranten verhaftete, die die Brooklyn-Bridge besetzt hatten. Als dann auch noch verschiedene Gewerkschaften aufriefen, mit den Occupy-Leuten zu demonstrieren, war endgültig klar: Das ist keine kleine Sache, die schnell vorbei geht. Plötzlich waren die paartausend Leute zu einer Big Story geworden. 

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Jetzt Online: Die Videos der großen „Genial dagegen“-Konferenz

Jetzt sind sie online, dank der Freunde von ichmachpolitik.at respektive ZiGe.tv (das steht nicht für ein Tier, sondern für „Zivilgesellschafts.tv“): Die Videos von der großen „Genial dagegen“-Konferenz mit Rossana Rossanda, Heiner Flassbeck, Franz Vranitzky, Richard Sennett, Maria Vassilakou, Benjamin Barber, Colin Crouch, Isolde Charim, Richard Wilkinson und vielen anderen im Wiener Kreisky-Forum. 

Zunächst einmal die Videos vom ersten Tag, wenn das Video vom zweiten Tag fertig ist, werde ich das hier updaten. Also: Ich wünsche spannende Stunden 😉 beim nach-gucken. 






TED Talk: What does it mean to be a Progressive in the 21st Century?

 
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Following is the Presentation I gave at the independent TED-x-Vienna-Event on Saturday, 22nd of October. The Video will be available within the next days:
The Issue, I want to speak about today, is, what it means to be a Progressive in the 21st Century. And this is a more tricky question than one would assume at first sight. Let me try to give you some hints, what I mean with that.
There are a lot of people who think that our western societies, our western capitalist societies or the western market economies – it’s not so important at this point how we want to put it – are on a wrong track. 
Actually, since the downward spiral and the economic uncertainties, which we can observe since the slump in the financial crisis in Fall 2008, most people think, that there are a lot of things wrong with our societies. Frankly, how could they think something different. 
Not so few people would go further and say, that with capitalism itself is something wrong. That Capitalismus doesn’t have only problems, that the Capitalism itself is the Problem. 
And if they are not in a strong sense „Anti“, they are it maybe in a softer sense, that this System is prinipielly unfair, or some others maybe would lament, that the Consumer-Society makes everything to a commodity, that everything is about money, that this undermines our social relationships, all social spheres of society, that this makes the TV-Programms worse, and: McDonalds! and so on. You all know this modes of critique and, I a am sure, three or four other modes of critique too.

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