Maurice Höfgen: Jetzt nur ja keine Sparpakete!

Die Hochzinspolitik hat gegen die Inflation wenig Wirkung, sagt der deutsche Ökonom Maurice Höfgen. Sie verteuert sogar die Investitionen in billigere Energieversorgung.

Arbeit & Wirtschaft, September 2023

Maurice Höfgen ist immer auf Achse und hat einen gut getakteten Arbeitstag. Im deutschen Bundestag ist der Ökonom als wissenschaftlicher Mitarbeiter engagiert, er gibt Interviews, macht Podcasts, und jettet von Diskussionsveranstaltung zu Vortrag. 27 Jahre ist er gerade alt geworden, die „Berliner Zeitung“ nennt ihn „Deutschlands spannendster Nachwuchs-Ökonom“. Ein bisschen ist er das neue Wunderkind der deutschen linken Ökonomie. In seinem jüngsten Buch „Teuer. Die Wahrheit über die Inflation, ihre Profiteure und das Versagen der Politik“, kritisiert er insbesondere die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank, die das Problem nur verschlimmert.

Was ist eigentlich Inflation? Dass Preise steigen, dafür kann es ja verschiedenste Gründe geben.

Höfgen: Wir benützen den Inflationsbegriff inflationär. Klar, der Alltag wird teurer, und es ist für Oma Erna oder den Normalverbraucher erst einmal egal, ob der Begriff richtig gebraucht ist. Aber wenn man politisch etwas dagegen unternehmen will, benötigt man eine gute Diagnose, so wie ein Arzt, der kann ja auch nicht sagen: Sie sind krank, da machen wir eine Chemotherapie. Die typische Inflation ist: Die Wirtschaft läuft gut, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Unternehmen investieren, die Löhne steigen, die Gewerkschaften sind mächtig, das führt wiederum zu höheren Kosten der Unternehmen, und zu steigenden Preisen. Und das ist dann ein sich selbst verstärkender Prozess, wo höhere Preise wiederum zu noch höheren Preisen führen. Dann gibt es den Fall, dass einzelne Preise steigen, andere fallen. Das hat ja wiederum gar nichts mit Inflation zu tun. Und was wir jetzt sehen, ist auch keine klassische Inflation.

Sondern?
Maurice Höfgen: Jetzt nur ja keine Sparpakete! weiterlesen

Unter „Hirnskeptikern“

Klimakatastrophe. Dürre, Mega-Hitze, und nun die große Flut. Aber der Kanzler findet, die Angst vor der „Untergangsapokalypse“ ist unser Hauptfeind.

Zackzack, August 2023

Im Osten haben wir einen Juli mit einer drei Wochen praktisch ununterbrochenen Hitzewelle erlebt. Manchmal bis 36 Grad, manchmal bisschen darunter. In den Schlafzimmern hatte es auch Nachts bis zu 28 Grad, außer man hat eine Klimaanlage. Außerhalb der Städte stöhnte die Landwirtschaft über Dürre, Hitze und Hagel, und die Hagelversicherung stöhnte natürlich auch und schätzte einen Schaden von rund 500 Millionen Euro durch die ganzen Wetterereignisse des letzten halben Jahres, von dem späten Frost, der der Marillen killte, bis zur monatelangen Trockenheit. Fast übergangslos ging es flott ins Extremwetterereignis, kaum regnet es einmal, gießt es in Kübeln vom Himmeln, halb Kärnten, die Steiermark, das Burgenland und vor allem Slowenien stehen unter Wasser und es gibt Spezialsendungen im Fernsehen. Da ein Extrem, dort ein Extrem. Zwischenzeitlich schieben sich Eisschollen durch die Fußgängerzonen. Wehrschütz, der Tausendsassa, hat es aus den Schützengräben des Donbas in die überschwemmten Gebiete des Balkan geschafft. Wahrscheinlich ist er gerudert.

Wenn sich die Mikl-Leitners so für die Normalität einsetzen, können die nicht mal etwas für normales Wetter tun?

Unter „Hirnskeptikern“ weiterlesen

Wilder Richtungsstreit in der FPÖ

Das faschistische Vorfeld treibt mittlerweile die FPÖ-Führung vor sich her.

Zackzack, August 2023

Antifaschismus ist keine „Meinung“ unter mehreren Möglichen, sondern der Gründungskonsens dieser Republik nach 1945. Alle, die sich nicht als Antifaschisten verstehen, sind insofern Staatsfeinde. Wer kein Antifaschist ist, will einen anderen Staat, nämlich den Bruch mit der demokratischen Identität der Zweiten Republik.

Vergangenes Wochenende fand in Wien wieder einmal eine Demonstration der rechtsextremen Identitären statt. An sich muss einem das mickrige Häufchen nicht sonderlich interessieren. Dass der Aufmarsch ausgerechnet bei Alfred Hrdlickas Denkmal gegen Krieg und Faschismus seinen Ausgang nehmen durfte, war ein kleiner Skandal am Rande.

Forderung nach ethnischen Säuberungen

Es wurde ganz offen für ethnische Säuberungen demonstriert („Remigration“), denn nichts anderes ist die ersehnte Ausweisung weiter Bevölkerungsteile, und gleich wurde davon phantasiert, dass es dann für die ethnisch „Einheimischen“ größere Wohnungen gäbe.

Früher hieß das „Arisierungen“. Wilder Richtungsstreit in der FPÖ weiterlesen

Die Panik der Etablierten

Alle reden von den Ängsten der normalen Leute. Aber niemand nimmt sich der Beschwernisse der privilegierten Klassen an.

Zackzack, Juni 2023

Stets ist von den Sorgen und Bedrängnissen der einfachen Leute die Reden. Doch viel zu selten von den Beschwernissen der privilegierten Klassen. Dabei haben auch deren „Ängste und Sorgen“ ein Recht auf öffentliche Wahrnehmung. Den reichen Geldleuten, Großinvestoren, den Erfolgsmenschen in ihren Limousinen, diesen Gutvernetzten, die immer auf die Butterseite des Lebens fallen, und mit jedem Boom genauso gewinnen wie mit jeder Krise, die im Frieden die Dividenden einstreichen wie im Krieg, ihnen wird ja gemeinhin ein sorgenfreies Leben unterstellt. Während alle anderen ächzen, um ihre Rechnungen bezahlen zu können, haben sie ein schönes Leben – so eine verbreitete Ansicht. Doch auch das Leben der Etablierten und Herrschenden ist voller Sorgen und Bedrängnisse.

Schon vor hundert Jahren war das so. Mit dem aufsteigenden Kapitalismus und dem Wachstum großer Reichtümer ging ja die Idee von Bürgerrechten und der Demokratie einher, zugleich aber auch ein immenser Anstieg von Arbeiterheeren, die faktisch rechtlos gehalten wurden. Aber schon damals waren die Herrschenden natürlich von der „dunklen Ahnung“ (Axel Honneth) gepeinigt, dass sich Machtteilung auf lange Sicht nur hinauszögern, aber nicht verhindern werde lassen. Und die ganz Ängstlichen zitterten von einer Revolution der „gefährlichen Klassen“. Die Panik der Etablierten weiterlesen

Die FPÖ – eine einzige Skandalorgie

Man kann sich um den Kampf gegen die reaktionäre Ideologie nicht herum drücken.

Zackzack, Juni 2023

Unterstellen wir für einen Augenblick, dass es der ÖVP und Karl Nehammer irgendwie ernst wäre mit der Bekämpfung der FPÖ und dem „Sicherheitsrisiko“ Herbert Kickl. Okay, das bedarf natürlich einiger kognitiver Verrenkungen. Ohne Blauäugigkeit, die beinahe schon an Unzurechnungsfähigkeit grenzt, ist das natürlich schwer hinzubekommen. Schließlich koaliert die ÖVP in drei Bundesländern mit den „Sicherheitsrisiken“, darunter auch mit der Niederösterreich-FPÖ, die den rechtesten Rand vom rechten Rand darstellt. Aber versuchen wir es nur für einen Moment.

Dann ist es doch völlig verrückt, anzunehmen, dass man nahezu alle Rechtsaußen-Themen der FPÖ übernehmen kann, auch den Stil des Niederträchtigen, den Eifer der Bösartigkeit (Karl Mahrer!), und die identitätspolitische Besessenheit, mit der man nebensächliche Kulturkampfthemen zu zentralen Fragen aufbläst (Normaldenker-Hanni!) – und dennoch glauben könnte, es ließe sich zeitgleich vor der radikalen FPÖ warnen. Die FPÖ – eine einzige Skandalorgie weiterlesen

Freunderln und Wirtschaft

Die Inflation ist auch eine große Umverteilung. Die, die immer gewinnen, gewinnen auch jetzt.

Wirtschaftspolitik und deren Zusammenhänge sind oft so komplex, dass sie schwer zu verstehen sind. Oft werden sie auch noch in einer Fachsprache und einer Phrasenhaftigkeit behandelt, die den Schluss nahelegen: Es ist Absicht, dass Nicht-Fachleute dabei nicht mitkommen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: Viele Fachleute wollen wie Hüter eines Geheimwissens dastehen. Manche vertreten Lobbys oder einfach die Interessen ihrer Klasse, also die Interessen der Gutverdienenden und Vermögenden. Jeder Wirtschaftsexperte kennt viel mehr Vermögende als Bauarbeiter, Arbeitslose, Mindestrentner, alleine das trübt den Blick.

In Deutschland kann man das gerade gut sehen. Aufgrund des geplanten Sparkurses haben zwei Maßnahmen für Diskussionen gesorgt. Erstens: Die Kindergrundsicherung, die die Kinder aus ganz armen Familien unterstützen sollte, wird zusammengestrichen. Und Haushalte mit mehr als 150.000 Euro Jahreseinkommen sollen möglicherweise kein Elterngeld mehr bekommen.

Jetzt dürfen sie raten, was für mehr Aufregung gesorgt hat. Freunderln und Wirtschaft weiterlesen

Wie man Kulturkämpfe gewinnt

Niemand ist von Moralfragen und Identitätspolitik so besessen wie die Rechten. Die Linke wird diesem Kampf nicht ausweichen können.

Der Freitag, Juni 2023

Eine der schrägsten, bizarrsten, deswegen aber nicht minder verbreiteten Thesen ist: die Linken würden heute viel zu viel Identitätspolitik machen. Oder: Statt sich um Klasse zu kümmern, kümmern sie sich zu sehr um Identitätsfragen, um Diskriminierungen wegen Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung. Auf diesem Feld der „Kulturkriege“ würden die Rechten gewinnen, zumindest aber hätten sie leichteres Spiel. Also: Die Linken laufen den Rechten ins Messer. Figuren wie Sahra Wagenknecht garnieren die fragwürdige These noch mit der denunziatorischen Behauptung, dieses seien vor allem Themen einer saturierten „Lifestyle“-Linken, von Leuten mit dickem Bankkonto und schlechtem Gewissen. Ulkigerweise hat sie mit der Verbreitung dieser These im vergangenen Jahr 750.000 Euro eingenommen.

Ein Blick auf die reale Welt zeigt: Niemand ist so sehr auf Identitätspolitik fixiert wie die Rechtsparteien. Niemand ist so sehr besessen davon, jede x-beliebige Sachfrage in eine quasi religiösisierte Gefühls- und Lebensstil-Angelegenheit zu verwandeln. Die Parteien der extremen Rechten haben es kultiviert, die der gemäßigten Rechten haben sich mittlerweile in einen Überbietungswettbewerb Richtung närrischer Identitätspolitik begeben. Wie man Kulturkämpfe gewinnt weiterlesen

Kommt bald die Marxistenverfolgung?

Man kann über die schrulligen Ideen der ÖVP lachen. Aber es sind Ideen von Verfassungsfeinden und von Gegnern von Liberalität und Freiheit.

Zackzack, Juni 2023

Über die schrulligen Träume der Wiener ÖVP von einer Marxistenverfolgung haben wir natürlich ausreichend gelacht. Längst wissen wir, oder glauben wir zu wissen, worum es der Partei geht: Möglichst skurrile, schräge Forderungen verbreiten, um irgendwie Schlagzeilen zu produzieren. Irgendwas mit Marx, um vom Murx in der Bundesregierung abzulenken. Es ist dieser übliche Unernst, der mit dem Rechtsdrift einher geht und der von der einstmals betulichen konservativen Partei Besitz ergriffen hat. Rechtspirouetten und Vertrottelung gehen Hand in Hand wie Laurel und Hardy.

Ohne Zweifel ist Lachen immer gut. Doch die Sache ist zu ernst, um sich auf das Schenkelklopfen zu beschränken. Kommt bald die Marxistenverfolgung? weiterlesen

Die Vernunft ist kein Extrem

Vielleicht sollten wir mit dem Begriff „Polarisierung“ etwas vorsichtiger umgehen.

Gern ist ja von der „Polarisierung“ die Rede. Beispielsweise jene, die die drohende Klimakatastrophe als eine ziemliche Gefahr ansehen, und jene, die sie leugnen oder Warnungen als übertrieben ansehen – die wären polarisiert, wird damit irgendwie ausgesagt. Oder anderes Beispiel: Während die FPÖ und Herbert Kickl seit Menschengedenken nichts anderes betreiben als die Menschen gegeneinander aufzuhussen, das Land in ein „Wir gegen Sie“ zu spalten, würde die SPÖ mit Andreas Babler jetzt etwas Ähnliches betreiben. Babler spricht ja gerne von „unseren Leuten“, womit die gemeint sind, für die die SPÖ eine Schutzmacht sein will. Das ist ja auch Polarisierung, wird plötzlich die Nase gerümpft.

Vielleicht sollten wir mit der Polarisierungsdiagnose einfach etwas vorsichtiger sein. Denn eine Polarisierung gibt es gar nicht. Die einen nehmen – sowieso viel zu spät – die Warnungen der Wissenschaft ernst, akzeptieren die Fakten und die Wirklichkeit. Hitzewellen, dauernde Extremwettereignisse, Wassermangel, Ernteausfälle, Überschwemmungen, Regionen, die man bald nicht mehr bewohnen kann. Es gibt die einen, die sagen: Dagegen sollten wir wenn möglich schleunigst etwas unternehmen. Und dann gibt es diejenigen, die sagen: Dagegen sollten wir nichts unternehmen, weil heiß war es früher auch. Die einen fragen: Wo kann man an ein paar Schrauben drehen, damit wir Emissionen senken, damit wir weniger Boden versiegeln, damit wir für Kühlung in der Nacht sorgen? Und die anderen rufen: „Nix, ich lass mich nicht umerziehen“, und beten im Extremfall einen Öltank an.

Ist das denn tatsächlich Polarisierung? Oder ist es nicht so, dass hier eher die Vernunft der Verrücktheit gegenübersteht, die Ernsthaftigkeit dem Unernst? Die Vernunft ist kein Extrem weiterlesen

Kommt bald die Marxistenverfolgung?

Man kann über die schrulligen Ideen der ÖVP lachen. Aber es sind Ideen von Verfassungsfeinden und von Gegnern von Liberalität und Freiheit.

zackzack.at, Juni 2023

Über die schrulligen Träume der Wiener ÖVP von einer Marxistenverfolgung haben wir natürlich ausreichend gelacht. Längst wissen wir, oder glauben wir zu wissen, worum es der Partei geht: Möglichst skurrile, schräge Forderungen verbreiten, um irgendwie Schlagzeilen zu produzieren. Irgendwas mit Marx, um vom Murx in der Bundesregierung abzulenken. Es ist dieser übliche Unernst, der mit dem Rechtsdrift einher geht und der von der einstmals betulichen konservativen Partei Besitz ergriffen hat. Rechtspirouetten und Vertrottelung gehen Hand in Hand wie Laurel und Hardy.

Ohne Zweifel ist Lachen immer gut. Doch die Sache ist zu ernst, um sich auf das Schenkelklopfen zu beschränken.

Falls Sie es im Detail nicht mitbekommen haben: Die ÖVP-Wien fordert einen Marxismus-Check für alle Formen von Förderungen durch die Stadt Wien. Wer also als Sozialarbeiter für ein Projekt Geld bekommt, müsste also einen Marx-Check bestehen – oder, je nachdem, wie man es nimmt: bei der Marx-Prüfung durchfallen –, ebenso jede Theatermacherin oder jeder Lyriker, der um eine Förderung ansucht. Man könnte dann gleich Bertolt Brechts Stücke wieder verbieten. Auch Elfriede Jelineks Arbeiten sollten einem Bann unterworfen werden. Milo Rau, gerade zum Intendanten der Wiener Festwochen bestellt, müsste wohl umgehend wieder mit Schimpf aus der Stadt gejagt werden. Kommt bald die Marxistenverfolgung? weiterlesen

Die Huren der Reichen

Die ÖVP bekommt hysterische Anfälle, weil ihr jetzt ein echter, geerdeter Sozi als Gegner gegenüber steht.

Die ÖVP-Spitzenleute bekommen seit der Wahl von Andreas Babler zum SPÖ-Vorsitzenden jeden Tag einen theatralischen Nervenzusammenbruch und sind ganz erschüttert, weil sie den „Marxismus“ einziehen sehen. Nun ja, wenn „Marxismus“ heißt, den Skandal zu analysieren, dass in einer Gesellschaft, die auf breitester Kooperation aller beruht, sich die einen unermesslichen Reichtum krallen, und die anderen nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen, dann würde gegen ein bisschen Marxismus ja gar nichts sprechen. Wie die ÖVP in den letzten Jahren ihren reichen Freunderln und Gönnern (Benko!) Vermögen zuschanzte, wie sich Unternehmensnetzwerke eine Regierung kauften und hielten (man denke an die berühmte „Adler“-Runde), das wäre, so gesehen, ja das beste Argument für eine kleine Prise Marxismus. Was der gute alte Rauschebart über Leute gesagt hätte, die sich selbst als „Hure der Reichen“ titulieren, das kann man sich schön ausmalen. Und wenn Marx einmal schlau beschrieben hat, dass die Fabrikbesitzer und Konzernherren das Einkommen ihrer Arbeiter immer drücken wollen, da diese für sie primär Kostenfaktoren seien, das Einkommen aller anderen Beschäftigten aber gerne in schönen Höhen sehen würden, da diese für sie primär Konsumenten seien, dann ist das auch eine Einsicht, mit der sich intellektuell herausgeforderte ÖVP-Sekretäre vielleicht besser vertraut machen sollten, bevor sie komisch herumlabern. Die Huren der Reichen weiterlesen

Friedrich Merz, der AfD-Macher

Die ÖVP will Marxistenverfolgung, die CDU sieht im Aufstieg der Rechtsextremisten den Auftrag, die Grünen zu bekämpfen.

Die ÖVP in Wien hat nun wieder einmal mit einer ihrer „originellen“ Aktionen aufhorchen lassen. Nachdem man in den vergangenen Monaten von einem städtischen Markt zum nächsten gezogen ist, um dort „fremdländische“ Marktstandbetreiber zu beschimpfen (wir lernen: Ausländer, die arbeiten, sind offenbar noch schlimmer als Ausländer, die nicht arbeiten), will sie nun Andersdenkende verfolgen. Wer in Wien Förderungen bekommen will, der müsse einen „Marxismus-Check“ unterzogen werden, so die jüngste Forderung. Das war einigermaßen missverständlich formuliert, die ÖVP will natürlich nicht, dass man für Förderungen einen Marxismus-Test bestehen muss, sondern umgekehrt, wer in Marxismus-Verdacht steht, solle von Förderungen ausgeschlossen sein. Genauere Vorschläge zur Vorgangsweise, wie man Marxisten auf die Spur kommen sollte, die zwecks Förderungsabsicht ihr Marxisteln verbergen, sind bisher noch nicht am Tisch. Aber man kann sich da ja beim erfolgreichen Wirken des seinerzeitigen rabiat-antikommunistischen US-Senators Joseph McCarthy bestimmt viel abschauen. Ein „Ausschuss für anti-österreichische Umtriebe“ wäre doch etwas.

Ergänzen könnte man die Pläne der ÖVP durch einige flankierende Maßnahmen, wie etwa ein Aufführungsverbot für Stücke von Bertolt Brecht oder Elfriede Jelinek, öffentliche Gesinnungstribunale für Marxismus-Verdächtige, Grenzkontrollen an Flughafen und in der Bahn zwecks Aufspürens verbotener Literatur. Dann wird reisen endlich wieder ein Nervenkitzel, so wie seinerzeit, wenn man in die DDR ein paar Ausgaben des „Spiegel“ schmuggelte. Auch öffentliche Verbrennungen der Werke von Marx und Engels können erwogen werden.

Morgen macht die ÖVP dann sicherlich wieder eine Aussendung gegen die woke „Gesinnungsdiktatur“ oder grüne „Verbotspolitik“.

Es ist übrigens dieselbe ÖVP, die in Niederösterreich, Salzburg und Oberösterreich mit den rabiatesten Rechtsextremisten der FPÖ koaliert, die gewaltbereiten Identitärenfreunderln die Türen zum Regierungsapparat öffnet und diese Allianz des Grauens auch noch als Bündnis für die „Normaldenkenden“ bezeichnet.

Man sieht, wie weit der klassische Konservatismus, der vor ein paar Jahren noch in der Traditionslinie einer moderaten Christdemokratie stehen wollte, aus der Spur geraten ist. Friedrich Merz, der AfD-Macher weiterlesen