Richard Rorty ist tot

Richard Rorty, einer der bedeutensten Denker unser Tage, ist vergangenen Freitag verstorben. Aus diesem Anlass ein Interview, das ich mit ihm im Frühjahr 2002 führte. Ein kurzes Gespräch, das ich mit ihm zum Irakkriegs-Ausbruch 2003 führte, finden Sie hier.

Unmittelbar nach den 11. September haben Intellektuelle, Leitartikler, Politiker prophezeit, dies würde die Welt verändern – die Weltpolitik, aber auch unsere westlichen Gesellschaften. Sogar ein Ende der Spaßkultur und eine neue Ernsthaftigkeit wurden vorausgesagt. Wie ist ihre Bilanz sechs Monate danach?

 

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„Ich denke schon, dass sie ein bisschen etwas tun“

"Eine der bemerkenswertesten Figuren des heimischen Journalismus", nennen mich die Kollegen vom Online-Jugendmagazin FM5. Das hört der Mensch natürlich gern. Das Interview, das sie mit mir über die österreichische Innenpolitik, moderne und unmoderne Linke, neue Spießer und mein im Herbst erscheinendes Buch gemacht haben, kann man etweder hier auf der FM-5-Page lesen oder hier unten.

 Foto: Johannes Rausch

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Phänotypen des Verführers: Demagogen, Hetzer, Blender

Gestern Abend im Burgtheater: Premiere von Shakespeares "Julius Caesar" in der Inszenierung von Falk Richter. Auf angenehme Weise konventionell, mit eingesprengter MTV-Zeichensprache. Ein Höhepunkt, die Rede des Marc Anton. Ansonsten etwas uninspiriert, aber auch nicht langweilig. Dramaturgisch etwas fragwürdig: Was einem das Stück heute noch sagt. Die Analogien, die sich anbieten, sind eher plump: Bush, Saddam. Zeitlos: Wie republikanische Werte untergehen. Aber eigentlich ist das Stück des alten Shakespeare ziemlich tot. Man müsste die zweite Hälfte großflächig umschreiben. Dennoch: Alles in allem ein angenehmer Abend. Was am Thema aktuell ist, habe ich in einem Beitrag für das Programmheft des Burgtheaters aufgeschrieben, den Sie hier lesen können.

 

 

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Wie ich vor fünfzehn Jahren nach Rostock fuhr und seitdem den Popdiskurs präge

Eigentlich sind Poptheorie und -diskurs ja nicht meine großen Stärken. Dennoch präge ich dieses Genre seit 15 Jahren, was ich erst jetzt richtig bemerke. Das kam so: Vor 15 Jahren fand in Rostock ein ausländerfeindliches Pogrom statt. Da sich das angekündigt hatte, war ich aus Berlin rechtzeitig angereist – was mich, nebenbei gesagt, von der Polizei unterschied. Die hatte nur ein paar Mecklemburger Regimenter vor Ort und war deshalb restlos überfordert.

Jedenfalls sahen die Jugendlichen in Rostock, die dort ein Ausländerwohnheim abfackelten, nicht alle nach Nazi aus. Ich schrieb damals in meinem Report für "profil":

Der 16jährige Alex fand die Randale einfach "bullig". Eigentlich lebt er gerne in Lichtenhagen, erzählt er. "Wenn die alle erst einmal weg sind, ist das das beste Viertel hier." Außerdem hätte er Spaß daran, daß hier endlich einmal etwas los ist. Von einem Skinhead hat Alex nichts an sich. Ein schickes rotes Stirnkäppchen trägt er am Kopf. "Malcolm X" steht auf der Stirnseite, der Name des militanten schwarzen Bürgerrechtlers aus den USA.

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Wie krank muss man sein…?

Die Tageszeitung "Österreich" hat bei der jüngsten Geiselnahme in der BAWAG-Filiale in der Wiener Mariahilferstraße nicht nur mit dem Geiselnehmer telefoniert, sondern daraus offenbar auch noch ein kleines Filmchen gemacht, das auf Youtube gelangte. Kollege Arpad Hagyo, vor gefühlten Jahrhunderten mit mir gemeinsam bei der verblichenen "AZ", am Höhepunkt des journalistischen Schaffens. "Danke, Wolfgang Fellner", sagt dazu Florian Klenk. Mehr fällt mir auch nicht ein.

Doch das Gespräch zwischer dem Kidnapper in der BAWAG und dem "Märchenprinzen" aus der "Österreich"-Redaktion war nicht die einzige Groteske dieser Geiselnahme. Anrainer beschallten die Straße mit den Song "Ba-Ba-Ba-Banküberall", der Geiselnehmer wiederum hatte, weil in der Filiale alle WCs verschlossen waren, einen etwas feuchten Schritt, als er sich ergab… (wobei unerklärlich ist, warum jemand, der gerade eine Bank überfällt, was ja ein nicht ganz legaler Akt ist, noch soweit auf Formen Wert legt, dass er nicht einfach in ein Eck der Filiale pinkelt, oder in eine der Zimmerpflanzen, die dort doch in der Regel rumstehen…). Geiselnehmer (und Chronikreporter) sind doch ziemlich eigenartige Typen.

Call for Infos!

Ich recherchiere gerade an einer umfangreichen Story über den internationalen Organhandel. Was es damit grundsätzlich auf sich hat, habe ich hier schon mal beschrieben. Meine Bitte wäre nun: Wenn jemand jemanden kennt, der sich ein Organ auf den Philippinen, aus Indien oder gar aus China (oder sonstwo) geholt hat – wär schön, wenn man mir darüber nähere Informationen zukommen lassen könnte. Logischerweise werden die vertraulich behandelt. Am besten unter E-Mail an misik.robert@profil.at.

Minister`s Blog

Politikerblogs sind ja, sagt man, sehr im Kommen. Theoretisch. Praktisch ist noch nicht gar viel los in unseren Breiten. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt immerhin ein wöchentliches Videocast ins Netz, ziemlich avanciert ist der Wahlkampf in Frankreich: Da arbeitet vor allem Kandidatin Ségolène Royal viel mit umfangreichen Videoblogs. Neuerdings im Netz: Sozialminister Erwin Buchinger hat jetzt seinen eigenen Weblog.  Der Mann ist nicht nur einer der Aktivposten, sondern auch technologische das avancierteste Regierungsmitglied. Allerdings: Ein wenig üben muss er noch: Bisher lesen sich die durchaus umfangreichen Einträge eher wie ein durchgeschriebener Terminkalender. Man erfährt: Der Mann hat viel zu tun und schläft praktisch nie. Ansonsten: Eher wenig. Wird aber bestimmt noch.

Wir 81er

Habe auf Martin Blumenaus FM-4-Blog gerade eine schöne Burggarten-Geschichte gefunden. Darin schreibt er beispielsweise, dass er bei der Burggartenbewegung 80/81 "eine der zentralen Lektionen jugendlicher Subversion gelernt" habe. Der Beitrag ist sehr schön, fast ergreifend. Irgendwie hatten die jahre 80/81 – übrigens nicht nur in Wien – einen seltsamenen Drive, möglicherweise mehr noch als 67/68, nur dass darüber keine Geschichtsschreibung betrieben wird: Hausbesetzungen, Jugendbewegung, Züri brennt, Kreuzberg… Ganz ganz viele Leute, die heute da oder dort wichtige Rollen spielen oder bedeutende Beiträge zur Lebedigkeit ihrer Städte leisten, wurden in diesen Jahren geprägt. Aber dies erscheint, weil darüber nicht soviel Aufhebens gemacht wird wie um 68, nicht als kollektive Prägung, sondern immer als individuelle Geschichte. Ich möchte dazu demnächst etwas Größeres für ein Buch über die 80er Jahre machen, das zwei Freunde von mir rausbringen. Wenn mir der eine oder die andere BesucherIn dieses Blogs per Comment oder Mail (robert.misik@hotmail.com) helfen will, dann würde mich das sehr freuen.

Denn irgendwie habe ich das Gefühl, "unsere" Generation sollte auch beginnen, ein wenig an ihrer Autobiographie zu schreiben.

Atheism Now! (5)

Dass mit der wachsenden Beliebtheit der These von der “Rückkehr der Religionen” auch die Religionskritik zurückkehrt – und das gelegentlich auf eigentümliche, ja amüsante Weise – darauf habe ich hier ja schon mehrmals hingewiesen (worauf ich in loser Folge auch immer wieder zurückkommen will). Ihre Hochbülte hat der “New Atheism”, ebenso wie der christliche Fundamentalismus, natürlich in den USA. Aber auch in unseren Breiten finden sich vermehrt Fundstücke einer Publizistik, die den Freunden von Good old Rauschebart an den Karren fährt. Zuletzt in einem lesenswerten Beitrag von Burkhard Müller im “Merkur“, der sich in die schöne Tradition der Gottesbeweise und Anti-Gottesbeweise einschreibt. In einer hübschen Passage heißt es:

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