Wie krank muss man sein…?

Die Tageszeitung "Österreich" hat bei der jüngsten Geiselnahme in der BAWAG-Filiale in der Wiener Mariahilferstraße nicht nur mit dem Geiselnehmer telefoniert, sondern daraus offenbar auch noch ein kleines Filmchen gemacht, das auf Youtube gelangte. Kollege Arpad Hagyo, vor gefühlten Jahrhunderten mit mir gemeinsam bei der verblichenen "AZ", am Höhepunkt des journalistischen Schaffens. "Danke, Wolfgang Fellner", sagt dazu Florian Klenk. Mehr fällt mir auch nicht ein.

Doch das Gespräch zwischer dem Kidnapper in der BAWAG und dem "Märchenprinzen" aus der "Österreich"-Redaktion war nicht die einzige Groteske dieser Geiselnahme. Anrainer beschallten die Straße mit den Song "Ba-Ba-Ba-Banküberall", der Geiselnehmer wiederum hatte, weil in der Filiale alle WCs verschlossen waren, einen etwas feuchten Schritt, als er sich ergab… (wobei unerklärlich ist, warum jemand, der gerade eine Bank überfällt, was ja ein nicht ganz legaler Akt ist, noch soweit auf Formen Wert legt, dass er nicht einfach in ein Eck der Filiale pinkelt, oder in eine der Zimmerpflanzen, die dort doch in der Regel rumstehen…). Geiselnehmer (und Chronikreporter) sind doch ziemlich eigenartige Typen.

Call for Infos!

Ich recherchiere gerade an einer umfangreichen Story über den internationalen Organhandel. Was es damit grundsätzlich auf sich hat, habe ich hier schon mal beschrieben. Meine Bitte wäre nun: Wenn jemand jemanden kennt, der sich ein Organ auf den Philippinen, aus Indien oder gar aus China (oder sonstwo) geholt hat – wär schön, wenn man mir darüber nähere Informationen zukommen lassen könnte. Logischerweise werden die vertraulich behandelt. Am besten unter E-Mail an misik.robert@profil.at.

Hohle Flächen

Ein hippes Stilbrevier für coole Erfolgsmenschen und flotte Bobos hätte Vanity Fair werden sollen. Nach drei Nummern ist die Zielgruppe enttäuscht. Die ist freilich die unmöglichste Zielgruppe, die es gibt. Falter, 28. Februar 07

Man kann natürlich sagen, die deutschsprachige Vanity Fair ist bloß ein neues buntes Blatt aus der Vogue- oder Park-Avanue-Klasse. Mit dem Neunziger-Jahr-Deutschstar Til Schweiger, mit Gisele Bündchen (Grasser gab’s nur als Österreich-Mutation), mit der Hurley am Cover, mit Party-Talk und altbacken freigestellten Bilderchen von Halbprominenten. Möglicherweise ein Geschäftserfolg, aber sonst nicht der Rede wert.

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The Old Man and the Blog

Wie nicht anders zu erwarten, lässt Henryk Broder meine kleine Reportage von seiner Rangelei mit Friedman nicht auf sich sitzen. Er "antwortet" heute auf seiner Homepage. Ist aber, leider, nicht mal lustig geworden. Früher hatte Broder ja noch Witz. Ohnehin hege ich schon seit längerem den Verdacht, dass Broders zunehmende Durchgeknalltheit etwas mit der Unfähigkeit mancher alter Männer zu tun hat, in Würde durch ihre fortgeschrittenen Lebensjahrzehnte zu gehen.

Übrigens: Broders neuen Freund, Bischof Andreas Laun, den er gegen den Vorwurf "Christenayatollah" in Schutz nimmt, kann man hier erleben.

Ein Käfig voller Narren

Wie Henryk M. Broder in Wien beinahe verhaftet wurde taz, 27. Februar 07

 

Dem ausklingenden Fasching entsprechend endete der Wienbesuch von Henryk M. Broder, der vergangene Woche auf Einladung der konservativen Volkspartei sein kleines antiislamisches Pamphlet „Hurra, wir kapitulieren“ vorstellte. Der Höhepunkt von Broders Visite war erreicht, als er Moische Arie Friedman auf der Straße erblickte. Letzterer, selbsternannter „Oberrabbiner“ einer antizionistischen Gemeinde ist nämlich, wie man wissen muss, noch eine Spur durchgeknallter als Broder: So war Friedman Ehrengast bei der Teheraner „Holocaust“-Konferenz – i.e. Holocaust-Leugner-Konferenz -, wo er freundlich mit Präsident Mahmud Ahmadineschad konferierte. Broder, der wiederum fürchtet, die Moslems würden demnächst überall, vor allem aber in „Eurabia“, die Macht übernehmen, sprang also auf Friedman zu, bellte ihn an und versuchte ihn mit dem Fotohandy zu fotografieren.

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Minister`s Blog

Politikerblogs sind ja, sagt man, sehr im Kommen. Theoretisch. Praktisch ist noch nicht gar viel los in unseren Breiten. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt immerhin ein wöchentliches Videocast ins Netz, ziemlich avanciert ist der Wahlkampf in Frankreich: Da arbeitet vor allem Kandidatin Ségolène Royal viel mit umfangreichen Videoblogs. Neuerdings im Netz: Sozialminister Erwin Buchinger hat jetzt seinen eigenen Weblog.  Der Mann ist nicht nur einer der Aktivposten, sondern auch technologische das avancierteste Regierungsmitglied. Allerdings: Ein wenig üben muss er noch: Bisher lesen sich die durchaus umfangreichen Einträge eher wie ein durchgeschriebener Terminkalender. Man erfährt: Der Mann hat viel zu tun und schläft praktisch nie. Ansonsten: Eher wenig. Wird aber bestimmt noch.

„Großer Schädling“

Adam Michnik, der legendäre polnische Dissident, der seine Gegnerschaft zum KP-Regime mit jahrelangem Gefängnis büßte, soll nun offenbar vom Thron gestoßen werden. Seit Wochen ist Michnik Ziel wüster Angriffe rechtskonservativer Kreise. So attackierte der Premierminister Jaroslaw Kaczynski, der Bruder von Präsident Lech Kaczynski, Michnik als „großen Schädling“. Der Hintergrund: Michnik war für die demokratische Opposition 1989 am Runden Tisch gesessen, der die friedliche Machtgabe durch die Kommunisten verhandelte. Michnik hatte sich damals und auch in den Jahren danach für eine „nationale Versöhnung“ ausgesprochen und gegen eine Abrechnung mit den Kommunisten. Dieser Linie blieb Michnik bis zuletzt treu, was die Konservativen umso mehr erbost, als Michnik als Gründer und Chefredakteur der führenden polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ über erhebliche publizistische Macht verfügt.  profil, 19. Februar ’07

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Wir 81er

Habe auf Martin Blumenaus FM-4-Blog gerade eine schöne Burggarten-Geschichte gefunden. Darin schreibt er beispielsweise, dass er bei der Burggartenbewegung 80/81 "eine der zentralen Lektionen jugendlicher Subversion gelernt" habe. Der Beitrag ist sehr schön, fast ergreifend. Irgendwie hatten die jahre 80/81 – übrigens nicht nur in Wien – einen seltsamenen Drive, möglicherweise mehr noch als 67/68, nur dass darüber keine Geschichtsschreibung betrieben wird: Hausbesetzungen, Jugendbewegung, Züri brennt, Kreuzberg… Ganz ganz viele Leute, die heute da oder dort wichtige Rollen spielen oder bedeutende Beiträge zur Lebedigkeit ihrer Städte leisten, wurden in diesen Jahren geprägt. Aber dies erscheint, weil darüber nicht soviel Aufhebens gemacht wird wie um 68, nicht als kollektive Prägung, sondern immer als individuelle Geschichte. Ich möchte dazu demnächst etwas Größeres für ein Buch über die 80er Jahre machen, das zwei Freunde von mir rausbringen. Wenn mir der eine oder die andere BesucherIn dieses Blogs per Comment oder Mail (robert.misik@hotmail.com) helfen will, dann würde mich das sehr freuen.

Denn irgendwie habe ich das Gefühl, "unsere" Generation sollte auch beginnen, ein wenig an ihrer Autobiographie zu schreiben.

Atheism Now! (5)

Dass mit der wachsenden Beliebtheit der These von der “Rückkehr der Religionen” auch die Religionskritik zurückkehrt – und das gelegentlich auf eigentümliche, ja amüsante Weise – darauf habe ich hier ja schon mehrmals hingewiesen (worauf ich in loser Folge auch immer wieder zurückkommen will). Ihre Hochbülte hat der “New Atheism”, ebenso wie der christliche Fundamentalismus, natürlich in den USA. Aber auch in unseren Breiten finden sich vermehrt Fundstücke einer Publizistik, die den Freunden von Good old Rauschebart an den Karren fährt. Zuletzt in einem lesenswerten Beitrag von Burkhard Müller im “Merkur“, der sich in die schöne Tradition der Gottesbeweise und Anti-Gottesbeweise einschreibt. In einer hübschen Passage heißt es:

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